Augustinerin Nina Strasser
Zum AUGUSTIN kam ich vor ungefähr eineinhalb Jahren. Ich hatte eine zum Großteil unveröffentlichte Fotoserie, die von Günter handelte, der damals obdachlos war. Eigentlich war ich dabei, ein Mail an die Zeit zu schreiben, die einmal eine Serie von mir online veröffentlicht hat. Im Standard habe ich an diesem Tag gelesen, dass die AUGUSTIN-Auflagen zurück gehen. Und wegen meinem schlechten Gewissen, den Verkäufer bei meiner U-Bahn-Station wochenlang ignoriert zu haben, schickte ich das Mail stattdessen an den AUGUSTIN. Zwei Tage später bin ich in der Redaktion gesessen, bei literweise grünem Tee..
Als Journalistin arbeite ich seit rund 25 Jahren. Im Herzen fühle ich mich dem Sportjournalismus zugehörig, auch wenn ich inzwischen hauptsächlich für andere Ressorts schreibe und fotografiere. Ich war früher Judoka und habe, wie viele andere Hochleistungssportler, nicht groß überlegt, was ich nach einem Karriereende machen will. Weil die Sporthilfe nicht ausreichte, um zu Hause auszuziehen, suchte ich einen Nebenjob und begann bei den Salzburger Nachrichten in der Sportredaktion zu arbeiten. Dass ich Journalistin wurde, war also mehr Zufall als Plan, hat aber offenbar zu mir gepasst. Nach 20 Jahren hatte ich das Gefühl, im Sportjournalismus nicht mehr vorwärts zu kommen. Schon davor habe ich hier und da für andere Ressorts gearbeitet. Das habe ich dann verstärkt.
Als Resultat aus dieser Phase gründete ich mit Elisabeth Auer den Verein Wir Frauen im Sport, in dem es um die Gleichstellung der Geschlechter im Sport geht. Erst vernetzten sich die Sportjournalistinnen, inzwischen stoßen auch Funktionärinnen, Trainerinnen und Sportlerinnen zum Verein. Frauen werden im Sport in vieler Hinsicht benachteiligt. Die Aktiven sind in den Medien wenig präsent, finden daher schwieriger Sponsoren. Preisgelder sind meist geringer, Trainingsbedingungen schlechter. Oft heißt es, Frauen würden sich für Sport nicht interessieren. Allerdings sind bei den Aktiven beide Geschlechter recht ausgeglichen vertreten. Bei Trainerinnen, Funktionärinnen, Schiedsrichterinnen, Journalistinnen sind Frauen dann in der Minderheit. Vielleicht hat nicht jede Lust, sich an eine Männergesellschaft anzupassen. In den Medien werden Frauen als Zielgruppe für Sportberichterstattung kaum wahrgenommen.
Mit der Fotografie habe ich vor rund 16, 17 Jahren begonnen, analog. Nach der ersten Begeisterung wurde mir immer mehr bewusst, wie viel mir gelernte Fotografen voraus hatten. Mir fehlte der Glaube, soweit zu kommen und ich überlegte, es wieder sein zu lassen. 2005 reiste ich für News nach Sankt Petersburg, um den späteren Boxweltmeister Nikolai Walujew zu interviewen. Fotografiert hat damals Heinz S. Tesarek. Er hat mit mir lange über die Fotografie gesprochen und mir, damit ich weiter mache, seine alte Digitalkamera vermacht, mit der er bis kurz davor noch gearbeitet hatte. Ich habe seitdem viele Kurse und Workshops besucht unter anderem bei Magnum.
Fotos und Text selbst zu produzieren bietet den Vorteil, dass ich mich an niemanden anpassen muss, der vielleicht einen ganz anderen Blick auf die Situation hat. Es kommt gerade bei Kollegen nicht immer gut an, dass ich beides mache. Das liegt wohl daran, dass viele fürchten, diese Arbeitsweise könne sich einbürgern und würde in Folge auch von ihnen verlangt. Am Ende müsse man dann nebst Text und Foto auch noch ein Video produzieren. Natürlich machen Teams in vielerlei Hinsicht Sinn und auch mir ist es bei manchen Storys lieber, mich auf eine Tätigkeit konzentrieren zu können.
Ungerechtigkeiten aufzudecken sehe ich als Aufgabe von Journalist_innen. Mein Ziel ist es außerdem die Persönlichkeit der Menschen so gut es geht zu erfassen mit allen Facetten und nichts zu interpretieren. Ich nehme grundsätzlich jeden ernst, und halte nichts von Mitleidsgeschichten und Heldenepen. Den Lesern will ich den Raum geben, sich eigene Gedanken zu machen. Als Schreiberin ist mein Ziel, es zu schaffen, dass die Leute bis zum Ende lesen. Als Fotografin hoffe ich, dass meine Bilder die Menschen überhaupt erst zum Lesen animieren..
Protokoll: Ruth Weismann, Foto: Heinz S. Tesarek