Identitäre «Untergangster»tun & lassen

Dahinsiechen, wegdämmern, aussterben und untergehen

Angesichts der politischen Situation drängt sich die Frage auf, wie der parteiförmige Rechtsextremismus, mit sicherheitspolitischen Regierungsämtern ausgestattet, auf unsere Gesellschaft einwirken wird.Neben seinem parlamentarischen Arm hat sich in den letzten Jahren auch ein relativ neues Phänomen des Rechtsextremismus etabliert: die sogenannten Identitären. Eine halbwegs geschickte Medienstrategie verlieh dieser überschaubaren Gruppe, die im Rückenwind des rassistischen gesellschaftlichen Klimas segelt, sehr viel Aufmerksamkeit und bot dem außerparlamentarischen Rechtsextremismus der Straße und der Social Media eine Präsenz, die schon sehr lange nicht mehr zu beobachten war. Ein beim kleinen Verlag Marta Press erschienener Sammelband mit Beiträgen verschiedener Autor_innen versucht nun, diesem Phänomen en detail auf den Grund zu gehen.

Analysiert werden etwa Geschlechterbilder und subkulturelle Bezüge der Identitären, weitere Beiträge arbeiten strukturelle ideologische und sozialpsychologische Parallelen zum Islamismus heraus, ein anderer widmet sich dem Verhältnis und den Anleihen bei der «eurasischen Rechten» aus Russland. Die im Vergleich zu den traditionell neonazistischen Gruppen relativ erfolgreiche Medienstrategie der überschaubaren Gruppe wird in dem Band ebenfalls analysiert – und dabei kommt der Mainstream-Journalismus gar nicht gut weg. Wegen Naivität und Unwissenheit oder schlicht aus Lust am Skandälchen tragen Journalist_innen dazu bei, derartige Gruppen bekannt zu machen und ihrer Strategie damit zum Erfolg zu verhelfen, so der Tenor.

Die multidisziplinäre Autor_innengruppe deckt ideologische und strategische Moves der Identitären auf, mit denen sie sich vom tradi-

tionellen deutschnationalen und neonazistischen Spektrum absetzen wollen. Die deklaratorische Abgrenzung vom Nationalsozialismus dient dazu, gesellschaftlich akzeptierte Konzepte eines vermeintlich «neuen» völkischen Nationalismus zu propagieren. Dagegen muss sich eine freie Gesellschaft wehren, und das heißt zunächst: gut informiert zu sein!

Judith Goetz, Joseph Maria Sedlacek, Alexander Winkler (Hg.):

Untergangster des Abendlandes. Ideologie und Rezeption der rechtsextremen ‹Identitären›

Marta Press, 2017

436 Seiten, 20 Euro

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