I´m a Bad Guy – Ein halbes Leben hinter GitternDichter Innenteil

Aus der KulturPASSage

Susanne Freund dokumentiert mit den Erlebnissen von Adolf Schandl ein Stück österreichischer Kriminalgeschichte. In einem sehr persönlichen Gespräch zeigt sie einen alten Mann von 82 Jahren, der mit sich im Reinen scheint und mit enormer Lebenslust seinen Tagesablauf in Freiheit zeigt.

Foto: © Kurt Mayer Film

Vierzig Jahre hat Adolf Schandl im Gefängnis verbracht, der Ausbruch mit zwei Mitgefangenen im Jahr 1971 ist legendär. Der Satz des damaligen Polizeipräsidenten Josef Holaubek: «I bin`s, dei Präsident» ist allgemein bekannt und wurde «Geschichte».

Im lockeren Plauderton zeigt Herr Schandl in charmanter Art und Weise, wie er sich fit hält, wie er für sich selber kocht und wie er meditiert und sehr häufig das Gespräch mit Gott sucht. Mit Überzeugung lässt er uns wissen, dass er mehr Opfer als Täter war, nämlich Opfer unseres Justizsystems. Gott hat ihm ohnehin längst vergeben und gibt ihm die Kraft, mit eiserner Disziplin immer noch äußerst fit sein zu können. Ich denke, es ist Vorsicht geboten, denn Adolf Schandl zieht uns mit seiner sympathischen Art schnell in seinen Bann, und man will ihm beinahe Glauben schenken. Es fällt schwer, sich vor Augen zu führen, dass dieser Mann aufgrund schwerer Bank- und Raubüberfälle vierzig Jahre in Haftanstalten verbracht hat. Es ist auch amüsant, dass Herr Schandl Berühmtheit erlangt hat durch diverse Gefängnisausbrüche, bzw. endlose Prozesse, in denen er seine Gerechtigkeit eingefordert hat. Dieser Mann besitzt eine enorme Überzeugungskraft. So schildert er beispielsweise eine Geiselnahme, wo auch Frauen und Kinder dabei waren: Wenn die Polizei keine Rücksicht auf diese nimmt, dann wären die Polizisten die Mörder. Während dieser Schilderung gewinnt man tatsächlich den Eindruck, dass er niemals jemanden etwas zu Leide tun wollte. Wie auch immer, jetzt hat er seine Taten gesühnt und hat ein Recht auf ein Leben in Freiheit. Vor sechs Jahren wurde Adolf Schandl vorzeitig entlassen.

Mir persönlich gefällt die Herangehensweise von Susanne Freund an diese Thematik. Es ist leider nicht der Regelfall, dass Menschen ehemaligen Straftätern ohne Vorurteile begegnen, kaum jemand will akzeptieren, dass mit der Haftstrafe die Fehler abgebüßt wurden. Das macht natürlich die Rückkehr in ein normales Leben sehr schwierig, einen Job zu bekommen ist mit einer Vorstrafe kaum möglich, unabhängig von der Schwere des Verbrechens. Vielen wird eine berufliche Zukunft für immer verbaut, daraus resultierend oft auch die private Zukunft. Nicht zu vergessen, dass aufgrund dieser fehlenden Perspektiven am Arbeitsmarkt ein Rückfall in die Kriminalität beinahe vorprogrammiert ist. Man muss sich also schon die Frage stellen, wie sinnvoll ist unser Justizsystem? Kann eine Gefängnisstrafe tatsächlich zu einer Resozialisierung beitragen, oder sollten die Fälle zukünftig individuell behandelt werden? Nach meiner Vorstellung müsste geprüft werden, was im Einzelfall die beste Chance auf Besserung bietet. Viele Delikte werden in Drogenabhängigkeit oder wegen Alkoholkrankheit begangen, wäre da nicht ein Therapieaufenthalt anstatt einer Haftstrafe die wirksamere Hilfe?

Ich beschäftige mich nach diesem Film intensiver mit diesen Fragen, endgültige Antworten habe ich nicht parat. Eine Antwort habe ich allerdings schon für mich gefunden, Haftstrafe ist eine Schuldbegleichung und man darf diesen Menschen nicht mit Vorurteilen begegnen. Es ist wichtig, jedem eine zweite Chance zu geben.