Im Klub der Landräubertun & lassen

Raiffeisen und die Spekulation mit Lebensmitteln

Von Grund und Boden heißt es, dass sie der Prototyp einer nur begrenzt verfügbaren Ressource sind. Für die Landwirtschaft handelt es sich um ein unerlässliches Produktionsmittel. Schließlich müssen selbst künstliche Kulturen wo draufstehen. Für einen Konzern wie Raiffeisen, der aus der Landwirtschaft kommt, ist die Frage von Grund und Boden essenziell. Es fragt sich daher, wie die Giebelkreuzler in dem immer stärker umkämpften Bereich agieren.Angesichts der krisenhaften Entwicklung in der Welt, der neben allen möglichen Katastrophen auch ein Ernährungsengpass droht, gibt es zwei globale Tendenzen in der Bodenfrage. Einerseits spielt auf lokaler und regionaler Ebene der Kampf um sogenannte Commons und Ernährungsautonomie eine zunehmende Rolle. Dazu zählen Aktivitäten wie Landbesetzungen durch Landlose in Brasilien oder durch von Enteignung bedrohten Bauern in Indien ebenso wie Guerilla Gardening (für in der Stadt selbst gezogenes Gemüse) oder die Zusammenarbeit zwischen agrarischen Produzenten und städtischen Verbrauchern.

Im Aktionsradius am Gaußplatz hat Ilja Trojanow einen Abend der «Schule der intellektuellen Selbstverteidigung» dem Thema «Die Welt als Allmende» gewidmet. Auf die Frage, was Almende sei, sagte er: «Die Welt gehört dir!», und im Programm wurde folgende Erklärung geliefert: «Die Diggers, eine soziale Bewegung, die Mitte des 17. Jahrhunderts in England entstand, beseitigten die Zäune und Mauern, die in der Anfangszeit des Kapitalismus entstanden waren. Man könnte sie als Vorläufer der heutigen Commons-Bewegung bezeichnen. Commons sind Ressourcen, um die sich die Menschen gemeinsam kümmern. Das kann etwas Materielles wie der Wald oder die Wasserversorgung sein, aber auch etwas Immaterielles wie Forschungsergebnisse. Wäre der Planet unsere Gemeingut, was würde das für die Ölförderung, die Goldminen, die AKWs und die Kernwaffen bedeuten?»

Die Frage unterstreicht, dass es sich bei dieser Bewegung um einen gefährlichen Unruhestifter handelt. Man kann getrost davon ausgehen, dass die Konrads, Auers, Rothensteiners, Hameseders in der Raiffeisen-Führung an derartigem Gelichter nicht einmal anstreifen wollen, obwohl die Anfänge von Raiffeisen mit dem Genossenschaftsgedanken im Zentrum stark an eine Variante von Commons erinnern. Da das unmittelbare Geschäft mit den Bauern für den Geldsektor des Konzerns allerdings längst zu einer vernachlässigbaren Größe geworden ist, liegen die Interessen der Raiffeisen Zentralbank (RZB) nicht in der Vergesellschaftung, sondern der Privatisierung von Grund und Boden.

Land unter den Nagel gerissen

Bekanntlich ist der neueste Hit auf diesem Gebiet der Ankauf von riesigen Agrarflächen – ausgerechnet im in regelmäßigen Abständen von Hungersnöten geplagten Afrika. Das wird neudeutsch Land Grabbing genannt, was so viel heißt wie sich Land unter den Nagel zu reißen. Vor kurzem hat ATTAC in einer Pressekonferenz enthüllt – gestützt auf einem Forschungsbericht, der für «The Friends of the Earth» verfasst wurde –, dass «österreichische Banken auf Hunger wetten».

Anne von Schalk, Kampagnenleiterin für Finanzmärkte der «Friends of the Earth», sagte: «Raiffeisen hat sich entgegen vollmundiger Ankündigungen noch immer nicht komplett aus der Spekulation mit Lebensmitteln zurückgezogen. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Unternehmensgruppe in Konzerne investiert oder an sie Kredite vergibt, die in Land Grabbing verwickelt sind. Raiffeisen unterstützt zahlreiche Unternehmen, die nachgewiesenermaßen Probleme in lokalen Gemeinschaften verursachen und des Landraubs beschuldigt werden. Wir fordern Raiffeisen auf, Landraub nicht weiter zu unterstützen.»

Aus der zitierten Untersuchung gehen folgende Fakten hervor:

• Die Raiffeisenbank International (RBI) mit RZB als «Mutter» und einer Reihe von «Töchtern» ist an der Spekulation mit «Soft Commodities» (Nahrungsmittelspekulation) ebenso beteiligt ist wie an der direkten und indirekten Finanzierung von Unternehmen, die in groß angelegte Akquisitionen von Land oder Land Grabbing verwickelt sind.

• RBI und Konsorten sind ferner mit dem Marketing und Verkauf einer Reihe von Investmentprodukten befasst, die in der einen oder anderen Weise auf der Spekulation mit Nahrungsmitteln beruhen.

• Die Raiffeisengruppe vergibt darüber hinaus Darlehen an große Agrar-, Forst- und Gruben-Gesellschaften, die in den umfangreichen Ankauf von Grund und Boden verwickelt sind und in manchen Fällen des Landraubs bezichtigt werden. Ein Reihe der von Raiffeisen-Gesellschaften vergebenen Krediten konnten identifiziert werden – mit einer Gesamtsumme von rund 289,2 Millionen Euro.

Knigge für Konzerne

In der Zusammenfassung des Berichts wird festgestellt, dass die RZB und die ganze Raiffeisengruppe sich zu einem «Code of Conduct» – einer Art Knigge für Konzerne – bekennen (siehe «Der Code und das Geld», Augustin. Nr. 330). Die Einhaltung der darin beschworenen ethischen Grundsätze dürfte auf die reale Geschäftsführung allerdings kaum einen Einfluss haben.

Ist auch wurst, weil die aktuelle Presse unseres Landes derartige Themen ohnehin nicht interessieren. Das beweist die absolute Null-Berichterstattung der Tageszeitungen und des ORF über die ATTAC-Pressekonferenz, wonach «österreichische Banken auf Hunger wetten».

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