Bibliotick
Wäre es nach ihren Eltern gegangen, sie wäre wohl Pianistin geworden. Stattdessen spielte die 1878 in Kalifornien geborene Maud Parrish Banjo. Und beginnt mit 17 Jahren zu reisen.Damals ist die Welt noch kein «globales Dorf», nicht nur die Kommunikation, auch das Reisen ist beschwerlich und für eine Frau, selbst für eine Privilegierte, nicht gewöhnlich. Umso bemerkenswerter ist es, dass Parrish es gleich 17 Mal um die Welt schafft. In ihrem einzigen Buch «Mit leichtem Gepäck» hat sie ihre vielfältigen Reiseerlebnisse festgehalten. Es ist kein modernes Reisebuch, Parrish schreibt so, wie sie gereist ist: Von einem Ort zum anderen, von einer Anekdote zur nächsten. Das ergibt zwar keinen stringenten Erzählfluss, aber die Lektüre ist kurzweilig und spannend. Parrish reist auf allen Wegen: per Schiff in Südamerika und per Flugzeug in Afrika, als das Fliegen noch extrem gefährlich ist. Sie durchquert Regionen, in denen Seuchen wüten und überlebt diese genauso wie zwei Weltkriege. Immer wieder berichtet sie von – vergleichsweise harmlosen – riesigen Kakerlaken. Als tingelnde Banjo-Spielerin verschlägt es bis hinauf in die Goldgräber-Camps in Alaska. «Leben, das ist Musik, Tanz – und Freiheit», schreibt Parrish. «Man kann nicht herumfahren, wie es einem passt, ohne für ’wunderlich’ oder zumindest unkonventionell gehalten zu werden. Und mit Ausnahme von zwei oder drei ’verbotenen’ Orten, war ich überall.»
Wenn sie doch für einige Monate sesshaft wird, dann hält sich Parrish gerne in China auf, wo sie einen Nachtclub in Peking betreibt – einer der wenigen Fixpunkte gegen die Rastlosigkeit. Insgesamt berichtet die Reisende aus einem bunten, übervollen Leben, das 1976 im Alter von 98 Jahren endet – und ja: Lust zu verreisen, macht das Buch auch.
Maud Parrish: Mit leichtem Gepäck. Siebzehn Mal um die Welt
edition erdmann 2016
357 Seiten, 24 Euro