Augustiner Nicholas Franze
Aus Hamburg habe ich die Idee, für eine Straßenzeitung einen Kaffee zu rösten, mitgenommen. Weil ich den Augustin von der ersten Ausgabe an liebe, wollte ich ihm schon viel früher einen Kaffee anbieten, doch meine ehemaligen Arbeitgeber haben nicht mitgespielt. Erst mit meiner beruflichen Selbständigkeit konnte ich das Augustin-Kaffeetscherl verwirklichen.
Mir gefällt am Augustin, dass er den Armen Stolz und eine Aufgabe gibt, weil sie etwas, nämlich eine inhaltlich gute Zeitung, anbieten können, und nicht rein auf Wohltätigkeit angewiesen sind. Pestalozzi meinte nämlich: «Wohltätigkeit ist das Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade.»
Ursprünglich komme ich aus der Judaistik und den Geschichtswissenschaften. Einerseits habe ich neben dem Studium immer wieder in Bars gehackelt, andererseits wurde ich Assistent bei der Theodor Kramer Gesellschaft und Assistent und Kurator im Jüdischen Museum von Eisenstadt, aber nur auf Teilzeit. Somit verdiente ich zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig. Zufällig erhielt ich ein Jobangebot von einem Teefachgeschäft, obwohl ich mich damals gar nicht mit Tee beschäftigt habe, doch die ersten Tassen vom teuersten Jasmintee aus dem Sortiment und von einem weißen Tee riefen ein Aha-Erlebnis hervor: Ich wusste sofort, das ist es!
Später ist dann noch der Kaffee hinzukommen, weil eine Rösterei zum Unternehmen gehörte – und ich bin in der Kaffeewelt picken geblieben. Diese ist nämlich extrovertierter und wirtschaftlich einfacher zu bewältigen als die Teewelt. Ich erhielt die Möglichkeit, in Kaffeekooperativen in Honduras, Kolumbien, Costa Rica und Äthiopien zu arbeiten und versuchte dort u. a. mein Handelswissen weiterzugeben, die Wertschöpfung vor Ort zu steigern.
Von Wien aus kann ich Kaffeebohnen leider nicht direkt bei den Kooperativen einkaufen, das wäre unleistbar. Immerhin, worauf ich auch etwas stolz bin, beziehe ich viele fertige Schokoladeprodukte direkt aus Honduras und Costa Rica.
Fürs Augustin-Kaffeetscherl verwende ich den Serrano Lavado aus Kuba. Obwohl er teuer ist, wird er gekauft, denn er kommt dem Wiener Geschmack entgegen.
PROTOKOLL: REINHOLD SCHACHNER
FOTO: NINA STRASSER