Augustin-Verkäufer Dietmar Perny (9. 2. 1960–21. 3. 2017)
Der Lärm von Staubsaugern konnte Dietmar auf die Palme bringen, dagegen liebte er die Musik von Frank Zappa und galt als sehr belesen. Der Augustin-Verkäufer hatte nicht nur einen leicht verschrobenen Musikgeschmack, er führte selbst ein schräges Leben.
Foto: Mehmet Emir
Beim Augustin ist Dietmar genau vor 20 Jahren eingestiegen. Er zählte somit zu den am längsten tätigen Verkäufer_innen. Daneben besuchte er den Verein LOK – Leben ohne Krankenhaus, davon wussten wir, aber wir hatten nicht die geringste Ahnung, dass er dort seit 13 Jahren in der Buchhaltung maßgeblich mitarbeitete. Jener Dietmar, der sich hin und wieder in unserem Vertrieb ein wenig hat aufziehen lassen müssen, weil er es in kürzester Zeit schaffte, die Zeitungsexemplare zu zerknittern, galt im anderen Sozialprojekt wegen seiner Akribie als Vorzeigebuchhalter. Somit wurde uns erst post mortem klar, warum sich Dietmar regelmäßig nach der Finanzlage des Augustin erkundigte.
Zu seiner offensichtlichen Leidenschaft für Zahlen passte auch sein Sinn fürs Geschäft, wenn es sein musste: Dietmar gelang die Quadratur des Kreises, er schaffte es, auf Weihnachtsmärkten, wo ein Kolportage-Verbot herrscht, den Augustin anzubringen. Eine andere Aufgabe, die er sich stellte, wirkt im Vergleich zum Weihnachtsmarktverkauf wie ein Kinderspiel: Jeden 1. Mai, wenn die SPÖ-Granden traditionell auf die Bühne steigen, war Dietmar zur Stelle, um die Wiener SPÖ-Spitze mit dem Augustin zu versorgen.
An den übrigen Tagen im Jahr diente Dietmar dem Fußvolk. Er verkaufte in erster Linie bei der U-Bahn-Station Neubaugasse, beharrlich im Freiluftbereich, denn der passionierte Raucher hat den Zügen an der Tschick den Aufenthalt im wettergeschützten Stationsbereich, weil Nichtraucherzone, dezidiert vorgezogen. Probleme mit der Lunge brachten ihn schließlich auch ins Spital, das er unerwartet nicht mehr lebend verlassen konnte.
Dietmar möge jetzt fernab jeden Staubsaugerlärms die absolute Ruhe gefunden haben.