Das «Wort Gottes» für die Hinterseite
Ab der nächsten Ausgabe schmücken Bibelbilder aus der Hand Magdalena Steiners die letzte Augustin-Seite. Die Weinviertler Künstlerin spricht über ihre Beziehung zur «Heiligen Schrift» sowie über Gott und die Welt. Von Jenny Legenstein.
Die letzte Seite unserer Zeitung ziert diesmal das Konterfei des Fußballstars Steffen Hofmann, der im Rahmen unserer Imagekampagne den «Blickscharfmacher» Augustin um wohlfeile 2,50 empfiehlt. So manche Leser_innen vermissen vermutlich Magdalena Steiners Illustrationen zu Werken der Weltliteratur. Diese mussten in der letzten Zeit leider allzu oft der Werbung weichen. In einem System, das dem schnöden Mammon unterworfen ist, ist auch eine Non-Profit-Organisation gezwungen, Kohle über den Verkauf von Werbefläche aufzustellen – und Reklame für sich selbst zu machen. Apropos Mammon, dieses schöne, aus dem Aramäischen stammende Wort verdanken wir Martin
Luther, der es in seiner Bibelübersetzung verwendete. Mit der Bibel beschäftigt sich seit einiger Zeit auch Magdalena Steiner, und sie lässt sich von den uralten Geschichten inspirieren, malt und zeichnet Grafiken, die ab der kommenden Ausgabe auf der hinteren Umschlagseite des Augustin zu bewundern sein werden. Einen Hinweis auf das neue Thema barg ja schon das letzte Bild Magdalenas aus ihrem Proust-Zyklus, das in Ausgabe 446 abgedruckt war. Da fragte Marcel Proust «Was ist Kunst? Was Religion?»
Die Weinviertler Malerin und Grafikerin illustriert seit vielen Jahren literarische Texte für den Augustin. «Der Mann ohne Eigenschaften» von Robert Musil gab die literarische Vorlage zu Magdalenas ersten Zyklus für die U4, wie die letzte Seite im Fachjargon genannt wird. Die Umsetzung von Prosa und Lyrik in Grafiken, die Bilder und Texte in einem unverkennbaren Stil vereinen, setzte sie fort mit James Joyces«Ulysses», Romanen der österreichischen Schriftstellerin Marianne Fritz, Gedichten von Theodor Kramer und eben zuletzt der vielbändigen «Suche nach der verlorenen Zeit» Marcel Prousts. Wie kam es dazu, dass nach den visuellen Umsetzungen weltlicher Literatur nun also in Bälde Bibel-Cartoons auf der hinteren Seite unserer Boulevardzeitung prangen werden? Die Idee entstand schon vor mehreren Jahren. «Ich habe mit dem Robert Sommer oft darüber geredet, welches Buch gefällt dir noch, oder was sind die wirklich wichtigen Bücher, die man unbedingt gelesen haben muss? Irgendwann stößt man dann immer auf die Bibel», erzählt Magdalena Steiner. Als Jugendliche habe sie auch Karl Marx gelesen. Urchristentum und Kommunismus seien in vielen Punkten eigentlich ähnlich – weg vom Egozentrischen, weg vom Konsumdenken, versuchen, den Nächsten einzubeziehen, das Sorgen für jemand anderen.
Kindergebete für die Opfer.
Die Bibel und ihre vielen und vielfältigen Geschichten beschäftigen Magdalena allerdings nicht erst, seit sie begonnen hat, dieses Buch als Comic oder Graphic Novel für den Augustin zu adaptieren. Im Religionsunterricht durften die Kinder immer zeichnen. «Das Zeichnen habe ich gern gehabt. Damals hat man übrigens noch römische Noten dafür bekommen.» Magdalena erinnert sich an ihren etwas skurrilen Religionslehrer: «Er hat eine Zeitung aufgeschlagen, zum Beispiel einen Bericht über ein Verbrechen, und wir mussten für die Opfer beten. Kurze Kindergebete waren das, und dann haben wir kleine Belohnungen dafür bekommen, Zuckerln, Geleeringe und Ähnliches.»
Jahre später beginnt Magdalena Steiner Theologie zu studieren, weil sie wissen wollte, wie das Alte und das Neue Testament entstanden sind. «Die Bibel habe ich damals für ein wichtiges Buch gehalten, bin aber draufgekommen, dass es über 60 Bücher sind, von über 40 verschiedenen Autoren geschrieben, innerhalb von 1500 Jahren, dass es eben eine Sammlung ist, eine wichtige Sammlung.» Magdalena findet die Hintergründe der Geschichten sehr spannend, kürzlich recherchierte sie zur Bedeutung des Kainsmals. «Es hat eine schöne Bedeutung: Es ist die Sorge Gottes für den Sünder.» Gott verwirft ihn nicht, auch nicht den Brudermörder Kain. «Je mehr man sich dann einliest, desto mehr kommt man drauf, dass einen das Buch deswegen interessiert, weil man meistens Situationen vorfindet, die man selbst durchlebt», meint Magdalena. Es sei für sie bei jeglicher Weltliteratur wichtig, sich selbst darin zu finden. An der Bibel schätzt sie auch die bildliche Sprache. Mit Worten stoße man vielleicht schneller an Grenzen. Als Malerin habe sie noch ein wenig mehr Möglichkeiten. «Man kann vielleicht ein bisschen mehr reinlegen als der Schriftsteller.»
Der neue Bibel-Bilderzyklus von Magdalena Steiner beginnt in
Augustin Nr. 454 – ab 28. Februar erhältlich – mit der Schöpfung.