Jahre im KZArtistin

Roman

«Dein Mund wird dir weh tun, und eines Tages wirst Du anfangen zu sprechen, und niemand wird verstehen, was Du eigentlich willst», überlegte Aliego laut. Er war im Lager ein wichtiger Freund, immer, auch im Sterben noch, «mit dem gleichen ironischen Lächeln in den Mundwinkeln»: « … je mehr Du ihnen über die Konzentrationslager erklären wirst, umso weniger werden sie davon begreifen, und es wird ihnen auf die Nerven gehen, dieses nicht in ihren Kram Passende.»
In Ferien am Waldsee erzählt Carl Laszlo (1923–2013), aufgewachsen im liberalen Pécser Großbürgertum, später Psychoanalytiker und hedonistischer Basler Kunstsammler, dieses «nicht in den Kram
Passende» im Duktus einer unaufgeregten Nach­erzählung. Die Jahre in Auschwitz, Thüringen und Dachau; das Sein zwischen den permanent vergehenden Leben, den Toten, Vergasten, Verbrannten, Erschossenen, zu denen der Erzähler jeden Moment auch gehören kann und nur durch Zufall nicht gehört. «Ich habe Hitler besiegt», sagt «Karcsi» Laszlo später über sich, nicht nur als Ausdruck moralischer Überlegenheit, sondern weil er eben tatsächlich länger
leben würde als der Führer. Viel länger.
«Der Überlebende stand in einer Welt, in der er nichts anderes als ein Fragezeichen war.» Und ein Fragezeichen bleibt auch, wieso diese knappe, dem Pathos entsagende und dabei alles sagende Erzählung den Nachgeborenen so lange vorenthalten wurde.

Carl Laszlo: Ferien am Waldsee
Das vergessene Buch 2020 (Original 1955), 160 Seiten, 22 Euro