«Jedleseer DNA»vorstadt

Lokalmatador

Walter Bobek arbeitet in feinen Nischen, die für die Geldmenschen nicht interessant sind. Von Uwe Mauch (Text) und Mario Lang (Foto)

Der kleine Schläger an der Halskette erinnert an die Leidenschaft seiner Jugend: Walter Bobek hat auf professionellem Niveau Eishockey gespielt. In der alten Donauparkhalle kurvte der großgewachsene Verteidiger des WAT Stadlau über das Eis. Spielte stets furchtlos, aber so gut wie immer fair.
Seine Fairness zeichnet den Floridsdorfer Geschäftsmann heute noch aus. Mit dem Inhaber einer kleinen Pharmafirma und einer Siebdruckerei schließt man keine gefinkelten Verträge ab: «Bei mir gilt noch der Handschlag.»

Erste Wahl.

«Floridsdorf först, Oida», steht auf seinem weißen T-Shirt. Den schwarzen Schriftzug hat Bobek selbst auf das Textil gedruckt, er sorgt auf der anderen Seite der Donau für Augenzwinkern und Amüsement.
Für Walter Bobek ist der 21. «Hieb» bis heute erste Wahl: Er wuchs im Bezirksteil Jedlesee auf, neben einem Altarm der Donau, als Sohn einer Familie, die in der Nachbarschaft bis heute Ansehen genießt.
Maturiert hat er im «Buben-Gymnasium» in der Franklinstraße 21. Nach seinen Studien- und Lehrjahren an der Medizinuni und in der Pharmabranche gründete er im Jahr 2001 auf dem ebenfalls in Jedlesee befindlichen Anton-Anderer-Platz seine eigene Firma.
Die Butter aufs Brot verdient der Selfmade-Man nicht mit dem Bedrucken von T-Shirts in kleinen Serien, sondern mit pharmazeutischen Nischenprodukten, die er wohltemperiert und gutsortiert in einem Nebenraum lagert.
Seit bald zwanzig Jahren schließt Walter Bobek mit seiner Firma WABOSAN eine Lücke. Er handelt mit bewährten Medikamenten, die den Konzernen nicht mehr lukrativ erscheinen und daher nur mehr von kleinen Firmen produziert werden: zum Beispiel ein Wirkstoff gegen hohen Blutdruck und ein anderer gegen Nebenwirkungen nach Operationen. Der Lieferant des Altbewährten führt zwei wesentliche Vorteile an: «Unsere Produkte sind deutlich billiger als die neu entwickelten, außerdem sind ihre Nebenwirkungen aufgrund ihrer langen Anwendungszeit gut bekannt.»
Regelmäßig danken ihm Patient_innen dafür, dass er ihre vertrauten «Pillen» vor dem Verschwinden rettet. Darüber hinaus organisiert Walter Bobek für namhafte Spitalsapotheken und Augenärzt_innen Medikamente, die nur im Ausland erhältlich sind.
Davon wird man nicht reich. Aber das ist diesem Einzelkämpfer der Vorstadt auch nicht wichtig. Mehr freut ihn, dass er sich und zwei weiteren Menschen einen gesicherten Arbeitsplatz bieten kann.
Aufgewachsen ist er in der Rudolf-Virchow-Straße, die an einen innovativen deutschen Mediziner erinnern soll und die von der Prager Straße geradewegs in Richtung Schwarzlackenau führt. Daher nickt er auch auf unsere Frage: «Ja, ich habe Jedleseer DNA.»
Der Vater seiner Mutter hat dort ein Haus gebaut, ehe er gegen die Nazis Widerstand leistete und dabei sein Leben riskierte. «Eines Tages klopfte die SS an seine Haustür.» Und es stand nicht gut um ihn: «Er hatte Flugblätter auf dem Dachboden versteckt.»

Pech!

Das NS-Regime konnte ihm nichts anhaben – dafür eine verirrte Fliegerbombe der US-Luftwaffe am Ende des Zweiten Weltkriegs. Sie tötete seine Frau. Dennoch hat der Glaube an das Gute überlebt: «Auch meine Eltern waren ehrliche Leute. Viel von meiner Loyalität habe ich ihnen zu verdanken.»
Als Junger hat Walter Bobek auch Theater gespielt. Anfangs im Gymnasium. Gerne erinnert er sich an seinen Schulkollegen Karl Markovics: «Der ist zwei Jahre nach seiner Matura im letzten Moment für die Hauptrolle eingesprungen und hat den Text innerhalb von nur zwei Tagen perfekt einstudiert.»
Der eine geht von der Franklinstraße nach Hollywood, der andere findet den Weg zum Anderer-Platz. Die Affinität zur Kultur ist dem Jedleseer Lokalmatador bis heute geblieben: Für das von ihm mitbegründete «ensemble X21» macht er weiterhin Produktion und Technik.
Und mit seiner Frau Gaby, mit der er seit 37 Jahren zusammenlebt und zwei Söhne in deren eigenes Leben gecoacht hat, engagiert sich Bobek ehrenamtlich für den Kulturverein Transdanubien. Bei dessen Veranstaltungen betreut er die Tonanlage, außerdem sorgt er für gute Stimmung in der Küche, wo er Speis und Trank ausgibt.

«Floridsdorf först, Oida».

Die Arbeit ruft. Die erste Serie der Först-T-Shirts wird in Kürze ausverkauft sein. Der Autodidakt weiß, was jetzt zu tun ist. Er hat die Siebdruckerei von einem Freund übernommen, als dieser im Jahr 2004 in den wohlverdienten Ruhestand ging. Er hat viel dazugelernt.
«Das Bedrucken von Textilien ist schon eine Kunst», betont Walter Bobek, während er ein neues Leiberl in die Druckvorrichtung einspannt. «Du brauchst viel Gefühl. Du musst mit gleichmäßigem Druck und Tempo arbeiten, sonst wird der Druck verquetscht und nicht kantenscharf.» Stress hat einer, dem es mehr um die Sache geht, dabei augenscheinlich nicht: «Für mich ist das Drucken ein nettes Hobby, das meinen Horizont erweitert.»