Die milliardenschwere Übernahme der BUWOG Group
Um 961 Millionen Euro verkaufte die Republik Österreich im Jahr 2004 über 60.000 Bundeswohnungen an das Österreich-Konsortium. Nun soll die BUWOG Group um über 5 Milliarden Euro weitergereicht werden, berichtet Michael Bonvalot.
Illu: Much
Der deutsche Wohnungskonzern Vonovia geht auf Einkaufstour. Das nächste Ziel ist die BUWOG, die ehemalige Wohnbaugesellschaft des Bundes. Mitte Dezember machte der Konzern ein Übernahmeangebot von 29,05 Euro pro Aktie – damit wäre die BUWOG mit einem Gesamtbetrag von rund 5,2 Milliarden Euro bewertet. Für die Aktionär_innen ist das eine hervorragende Nachricht. Weniger gut sind die Nachrichten für die Mieter_innen. «Als Mieter würde ich mich sicher nicht unbedingt freuen», erklärte Anlegervertreter Wilhelm Rasinger anlässlich der Übernahmepläne. Kosteneinsparungen könnte Vonovia «nur mit entsprechendem wirtschaftlichen Druck auf die Mieter» realisieren, so Rasinger. Obwohl die Mieter_innen die Leidtragenden sein könnten, haben sie beim Verkauf nichts mitzureden. Es ist Kapitalismus, hier bestimmen die Aktionär_innen.
Einst sollte die BUWOG halbwegs günstigen Wohnraum schaffen und erhalten. Die schwarz-blaue Regierung unter Wolfgang Schüssel verfolgte dagegen andere Pläne. Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Besitztümern der Republik sollten auch die Wohnbaugesellschaften des Bundes privatisiert werden. Im Jahr 2004 war es dann so weit. Insgesamt rund 60.000 Wohnungen der Gesellschaften BUWOG, WAG, EBS und ESG wurden veräußert. Käufer war das Österreich-Konsortium, bestehend aus Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Wiener Städtische und Immofinanz. Der Deal beschäftigt bis heute die Justiz – siehe dazu auch das Gespräch mit Ashwien Sankholkar auf den Seiten 6 und 7.
Wirtschaftliches Verbrechen.
Aktuell stehen im BUWOG-Prozess unter anderem Karl-Heinz Grasser und Walter Meischberger vor Gericht. Der eine war Finanzminister unter Schwarz-Blau I, zuerst auf einem Ticket der FPÖ, dann für die ÖVP. Der andere war langjähriger Generalsekretär der FPÖ. Der niedrige Verkaufspreis sorgte bereits 2004 für Verwunderung, bald gab es den Verdacht der Korruption. «Dieser Verkauf war eines der größten wirtschaftlichen Verbrechen am Vermögen der Republik», sagte unlängst ein Immobilien-Experte gegenüber dem Kurier. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung stehen sehen. «Viel zu billig verkauft, die BUWOG war damals bereits zwischen 2 und 2,5 Milliarden Euro wert», zitiert der Kurier Player aus der Immo-Branche. Der damalige Immofinanz-Chef Karl Petrikovics, der derzeit ebenfalls vor Gericht steht, hätte sogar über den «Deal seines Lebens» gejubelt.
«Mittelfristig» solle die BUWOG nicht weiterverkauft werden, erklärte Petrikovics übrigens bei der Privatisierung. Nun ist «mittelfristig» offenbar endgültig vorbei. Schon 2004 teilte sich das Österreich-Konsortium den zugekauften Bestand geschwisterlich auf. Die Wohnungen der BUWOG und der ESG Villach gingen dabei an die Immofinanz. Einzelne Wohnungen und ganze Pakete wurden in weiterer Folge verkauft. «Von den ursprünglichen BUWOG- und ESG-Wohnungen mit rund 32.000 Einheiten befinden sind heute noch ca. 21.000 Mietwohnungen im Bestand», so eine BUWOG-Sprecherin gegenüber dem Augustin. Bereits ein Drittel der Wohnungen wurden in der Zwischenzeit also bereits verkauft. Einige Wohnungen gingen an die Mieter_innen, aber es wurden auch «ganze Objekte erfolgreich vermarktet sowie mehrere Portfolioverkäufe durchgeführt», so die BUWOG-Sprecherin. Auch die Hausverwaltungstochter BUWOG Facility Management mit damals 52 Mitarbeiter_innen wurde 2014 weiterverkauft.
Eigentümer wollen Kasse machen.
Mit der 2004 privatisierten BUWOG hat die BUWOG Group von heute, die mit über 5 Milliarden bewertet wird, nur mehr wenig gemein. Im April 2014 ist sie aus der Immofinanz herausgelöst worden. Seither hat die private Gruppe nach Deutschland expandiert, wo sie laut dem Unternehmen «mittlerweile mehr Einheiten besitzt als in Österreich». Sowohl in Deutschland als auch in Österreich zieht die Gesellschaft neue Gebäude hoch.
Wer die aktuellen Eigentümer sind, ist übrigens gar nicht so leicht herauszufinden. Denn es müssen nur Anteilseigner genannt werden, die mehr als 4 % der Aktien halten. Aktuell sind das die US-amerikanische Fondsgesellschaft Black Rock, die US-Bank JP Morgan Chase & Co sowie die französische Syquant Capital. Welche andere Firmen, etwa über Tochterfirmen, ebenfalls größere Anteile halten, ist nicht zu klären. Klar ist aber: Die aktuellen Eigentümer wollen offenbar Kasse machen.
Was von der BUWOG-Privatisierung bleibt? Ein Prozess, der klären soll, warum Schwarz und Blau die Wohngesellschaften des Bundes extrem günstig an private Banken und Versicherungen verkauft haben. Zehntausende Wohnungen, die dem öffentlichen Einfluss entzogen sind und nach privat-kapitalistischen Kriterien verwaltet werden. Und schließlich die Mieter_innen, die zum Spielball privater Investment-Interessen werden. Was bleibt, ist eine Privatisierung, die eine Warnung für die Zukunft sein sollte.