Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (78)
Hüseyin ist der Meinung: «In Wien gehen einem die Geschichten und das damit verbundene Kennenlernen neuer Menschen nie aus.»
Grafik: Carla Müller
Als er eines Abends bei seinem zypriotischen Freund vorbeischaut, sieht er ihn an einem Tisch mit einigen anderen Personen sitzen. Die Freundin des Zyprioten feiert mit ihren Arbeitskolleg_innen in diesem Restaurant ein Geburtstagsfest. Hüseyin wird gebeten, sich zu ihnen zu setzen. Am Tisch sitzen eine Rumänin, eine Kroatin, ein Kurde, eine halbe Türkin, halb Kurdin und ein älterer Spanier, dessen Vater aus Venezuela ist. Allmählich fühlt sich der Hüseyin bei dem alten Spanier wohl. Je mehr Tequilagläser sich auf dem Tisch anhäufen, desto mehr erzählt Juan von seiner Geschichte. In Hüseyin hat er einen Zuhörer gefunden. Juan ist der Gründer des Lokals Bodega Manchega. Sein Großvater musste Spanien mit seinen Kindern verlassen. Sie alle landeten in Venezuela. Juans Mutter heiratete einen Venezuelaner. Als Juan 10 Jahre wird, kehren sie wieder nach Spanien zurück. Er studiert Politikwissenschaften. Dient zwei Jahre in der spanischen Marine. Er möchte aber nicht in Spanien bleiben. Nach einiger Zeit politischer Arbeit in einer Partei verlässt er Spanien. In Frankreich gelandet – 1970 – möchte er die 68er-Bewegung noch miterleben. Aber es ist zu spät. Davon spürt er schon noch was, aber es ist vorbei, meinte er. Er ist unterwegs in verschiedenen europäischen Ländern. Mehrere Sprachen kann er. Vom Aussehen her könnte man den Juan mit seinem Schnurrbart als einen Türken, Kurden, Griechen oder als einen Tiroler bezeichnen. Letztendlich landet Juan in Wien.
Er erzählt Hüseyin von den Musikgruppen und Konzerten in den 80ern. Meistens erzählt er von Paco de Lucía. Seine erste Begegnung mit Paco de Lucía war im Jahre 1973 in einem Club in Madrid. Paco war Juan zufolge damals noch nicht so bekannt. Juan erzählt auch über die österreichischen Popgrößen wie Danzer, Ambros usw. Die waren auch seine Stammkunden. 1983 kam Paco nach Wien. Für 200 Gäste spielte er bis 5 Uhr in der Früh. Juan fühlt sich in dieser Stadt der Hochkultur wohl. Er meinte, ihm sei es nicht wichtig, woher wer kommt, sondern wie aufrichtig ein Mensch ist. Juan arbeitete auch ab und zu für spanischen Tourist_innen als Reiseführer. Zurzeit arbeitet er in einem Hotel.
Wenn Paco in Wien war, traf er ihn. Juan zeigte ihm eine Seite von Wien, die den meisten Besucher_innen verborgen bleibt. Eine Erinnerung mit Paco in einem türkischen Lokal im 16. Wienerbezirk geht dem Juan nicht aus dem Sinn. Es handelt sich um ein Lokal, das durchgehend offen hat und in dem man immer warme Speisen bestellen kann. Paco war in den 80ern schon sehr berühmt. Als sie das Lokal betraten, wurden sie von beiden Chefs begrüßt. Woanders wäre das nicht möglich, dass man den Paco de Lucía nicht kennt. Juan wird bald 65 Jahre alt. Obwohl er seine Kinder in Wien hat, möchte er nach Spanien zurück. Seine ihm gebliebene Zeit möchte er in Spanien verbringen. Hüseyin erlebt die Erinnerungen Juans mit.