Roman
«Mit Karotten und Rakuglasuren allein ist kein Staat zu machen.» «Wenn’s dir ums Staatmachen geht, liebe Mia, musst du dir was anderes suchen.»
Soll Mia die Wohnung in der Märzstraße aufgeben und in eine Landkommune einsteigen? Dort wird in bester Marchfelder Tradition Gemüse an- und Community aufgebaut, man kümmert sich um Setzlinge und um sich selbst, sitzt viel im Kreis, redet, fühlt. Mia will sich lieber um das kümmern, was da draußen passiert: Harry Bolesti greift mit seiner rechten Partei nach der Macht, der Innenminister hat offenliegende Verbindungen zur neonazistischen Gruppe «Parade X», und in Spielfeld/Šentilj kommen Menschen an, die auf der Flucht sind. Mia, die früh gelernt hat, auf sich allein gestellt zu sein, beschließt, offen zu kämpfen. «Der Hase, der in Mias Kopf herumhoppelte, war eine Häsin. Sie war schlau. Im Unterschied zu ihren Artgenossen fürchtete sie sich nicht.» Aber die Parade X kämpft mit brutaler Gewalt zurück.
Der neue Roman von Robert Kraner (Valerie. Feuer, Asche, Ruß in Hartheim; Weißdorn) ist eine radikale Reise durch die Grauslichkeiten des kontemporären Österreich. Damit ist er leider näher an der Realität als an der Dystopie.
P.S: Wie in jedem guten Wien-Roman kommt auch hier der Augustin vor. Zweimal. Mehr wird nicht verraten.
Robert Kraner: Kreide
Drava 2022, 238 Seiten, 21 Euro