Kein Drama, sondern MordArtistin

Bibliotick

Eine tote Frau in einer Designerküche. Wir wohnen einem Polizeieinsatz am Alsergrund bei, in einem renovierten Gründerzeithaus, dessen Mieten die diensthabende Kommissarin sich nicht leisten könnte – von einer der schicken Eigentumswohnungen ganz zu schweigen.

Clara Coban im Dienst: Gemeinsam mit ihrem Kollegen Aleksandar Petrovic und im Gegenwind ihrer Vorgesetzten Kowalski/Berger klärt sie Mordfälle auf, die im Kontext häuslicher Gewalt stehen. Clara Coban nach Dienstschluss: Zum Entsetzen ihres Ehepartners, der auf seine Printmedien-Karriere schaut, schreibt sie Briefe und hält Brandreden gegen die Chefredaktionen der bundesweiten Klatsch- und Qualitätsblätter, die statt von häuslicher Gewalt lieber von «Familiendramen» und «Eifersuchtstaten» sprechen und ihre knackigen Stories gern mit nackter Haut illustrieren. Während die Frauenhäuser unterfinanziert sind.

Aber nach dem Fund der einbetonierten Toten im Donaukanal gerät Kommissarin Coban selbst ins Visier der Gewalttäter. Die Leserin weiß schon längst, woher der Wind weht, Coban, pass auf! Nachdem der Untertitel des Buches verrät, dass wir es hier mit «Clara Cobans erstem Fall» zu tun haben, und nicht etwa mit ihrem letzten, sind die Chancen, dass sie die schleichende Bleivergiftung überlebt, nicht ganz gering. Aber wenn sie schließlich nachts unbewaffnet in ein Lokal einsteigt, um ihrem eigenen Mordversuch auf die Spur zu kommen, ist man sich doch nicht mehr ganz sicher.

Ein sehr unterhaltsamer und schlauer Stadtkrimi, der Polizeiarbeit nicht immer nur geschickt aussehen lässt, sich über den Rassismus in den Debatten um häusliche Gewalt im Klaren ist, der den Donaukanal zum erfrischenden Badewasser erklärt und an dessen Ende man zweimal überlegt, ob man auf einen schnellen Cappuccino im Roten Bären absteigt …

Maria Stern: Acetat. Clara Cobans erster Fall

Verlag Wortreich 2017, 268 Seiten, 19,90 Euro

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