Milchgroschen für Erzeuger_innen
In diesen Tagen blitzt in Print- und elektronischen Medien immer wieder kurzfristig das Thema Milchpreis auf. Hintergrund ist eine geplante Erhöhung der Verbraucher_innenpreise. In den Wegwerfgazetten ist ein bisschen Empörung über steigende Preise im Supermarkt angesagt, das System dahinter und die Situation der Milchbauern und -bäuerinnen wird nicht diskutiert. Die Milchverarbeitungsbetriebe der Raiffeisengruppe bestimmen mit ihrer monopolartigen Stellung das Geschehen, und für die Milchbäuerinnen bedeutet eine Erhöhungen der Ladenpreise nicht unbedingt eine Erhöhung des Milchgroschens.
Es gibt bei den Milchbauern auch ein Leben außerhalb der Raiffeisenwelt:
2004 wurde die IG Milch gegründet. Ziel der Interessensgemeinschaft war unter anderem, den Molkereien einen Milchgroschen von zumindest 40 Eurocent verrechnen zu können. Erst am 1. Mai 2013 hat beispielsweise die Welser Berglandmilch den Milchgroschen auf 40,05 Eurocent angehoben, und der nach vereinsinternen Turbulenzen neu gewählte Obmann, der Mühlviertler Milchbauer Ewald Grünzweil, muss feststellen, dass heute diese 40 Eurocent für eine Milchbäuerin nicht kostendeckend sind. Preise für Betriebsmittel wie Dünger, Treibstoffe, Futter seien in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gestiegen; auf die Erhöhung angesprochen erinnert die IG Milch daran, dass Berglandmilch bei der letzten Erhöhung für die Milchbauern ganze 2 (zwei!) Eurocent dazugelegt habe. Die Raiffeisengenossenschaften wie NÖN oder Berglandmilch betonen widerholt, sie seien in der Hand der großen Handelsketten und die Preise dieser Ketten bestimmten die Preise für die Bauern.
Dazu ein Hinweis: Aldi-Süd, Mutter der österreichischen Hofer-Gruppe, hat vor Kurzem den Butterpreis um 21 % erhöht. Der Liter Milch wurde im Laden um 10 % teurer. Grund für österreichische Handelsketten, Preiserhöhungen am Milchsektor anzukündigen. Frage an die Aufkäufer von NöM, Berglandmilch und andere: Wie entwickelt sich der Milchgroschen für die Erzeuger_innen – ebenfalls in Schüben von 21 % wie bei der Aldi Butter oder 10 % wie bei der Aldi-Milch? Österreichische Bauern und Bäuerinnen sind nicht nur durch Kredite, Versicherungen und anderes fest an ihre «Selbsthilfe»-Organisation Raiffeisen gebunden. Auch die Verträge mit den Molkereien sind längerfristig angelegt. So laufen derzeit gültige Vereinbarungen bis April 2014, ein Zeitrahmen, der für die Milcherzeuger_innen in Raiffeisenhand viel zu lang ist. Mit der Raiffeisenfirma Berglandmilch spricht die IG Milch in offensichtlich notwendiger rauer Sprache: Als aufflog, dass die Berglandmilch per Preisabsprachen verdiente (der Augustin berichtete), erklärte die IG Milch in einer Presseaussendung: «Sieht so Gerechtigkeit aus? Hochwertige Milch zu niedrigsten Milchpreisen erhalten? Das geht: Die Berglandmilch zeigt’s mit ihrem neuen Milchmodell und sichert sich somit billigen Rohstoff auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern. Statt den Preisvorteil auch an die Konsument_innen weiterzugeben, werden auch vertikale Preisabsprachen mit namhaften Handelsketten gemacht und somit doppelt abgecasht. Schnell mal eine Schleuderaktion mit Milch und Milchprodukten starten und damit den Eindruck vermitteln, als wäre der Rohstoff Milch nichts wert, und nebenbei auch noch den Markt ruinieren …». Jedenfalls wurde die Berglandmilch zu 1,125 Millionen Euro Bußgeld verdonnert und die IG Milch stellt in diesem Zusammenhang die entscheidenden Fragen: «Interessant wäre auch zu erfahren, wer denn nun die Strafe eigentlich zahlt? Die Bauern? Die Konsumenten? Aber anscheinend ist ja den bäuerlichen Genossenschaftsfunktionären egal, wenn Konsumenten betrogen und den Eigentümern, nämlich den Bauern, das notwendige Einkommen vorenthalten wird. Wo ist der Aufsichtsrat? Gibt es da Konsequenzen? Oder ist es so, dass in schlechten Zeiten der Aufsichtsrat hilflos ist und guten Zeiten nutzlos ist?» (Presseaussendung IG Milch, 8. Februar 2013)
Im Zentrum der Kritik der IG Milch steht neben anderen der jüngst als «Bienenkiller» berühmt gewordene Landwirtschaftsminister Berlakovich: «Nicht nur die Berglandmilch spielt ein falsches Spiel – auch Minister Berlakovich macht sich selbst immer unglaubwürdiger. Rein theoretisch hat Minister Berlakovich verstanden wie ein gemeinsames Europa gestaltet werden muss: Jeder soll einen fairen Teil der Wertschöpfungskette erhalten, der Erhalt der kleinstrukturierten bäuerlichen Landwirtschaft, die ökologisch und nachhaltig genutzt wird, hat oberste Priorität. Die Umsetzung sieht jedoch anders aus: Erzeugermilchpreise wie vor 17 Jahren, damit einhergehend stehen täglich 10 bäuerliche Betriebe vor dem Aus. Für uns daher völlig unverständlich, warum sich Minister Berlakovich vehement gegen die Einführung einer Monitoringstelle wehrt, um diese verheerenden Missstände endlich zu beseitigen. » (IG Milch) Dem Bauernbund-Monopol in Politik und dem Raika-Monopol in der Landwirtschaft bläst Gegenwind entgegen.