Kein Grund eine Gemeindewohnung zu bekommenDichter Innenteil

Meine Wohngeschichte, 5. Teil

Es ist wieder einmal an der Zeit zu berichten, was sich bei meiner Wohnungs-Geschichte getan hat. Was ist passiert seit dem letzten 4. Teil, der im März erschien?

Foto: Hans Wurst

Meine Logik ist nicht die der Wohnberatung

Zuerst einmal habe ich ein paar Feedbacks zu meinen Artikeln erhalten – an dieser Stelle Danke für die netten Feedbacks – jedoch eine Wohnung habe ich leider dadurch nicht bekommen. Was mir natürlich mehr geholfen hätte, deshalb beschloss ich, dass ich solange darüber berichten werde, bis ich eine Wohnung habe. Keine Angst, ich werde nicht monatlich darüber berichten, sondern im Abstand von ein paar Monaten, quasi eine Art Update. Bei den Aussichten, die ich persönlich habe, sehe ich leider schwarz, was eine Gemeindewohnung betrifft, ebenso am privaten Wohnungsmarkt. Warum ist das so? Ganz einfach:

Sobald ich glaube, eine Lösung gefunden zu haben, wie ich zu einer Gemeindewohnung komme, werden mir zeitgleich Steine in Weg gelegt, wobei es eher Felsen sind, die ich schwer wegbekomme, und das ist frustrierend.

Ein Freund bot mir an, mich bei ihm in seiner Gemeindewohnung zu melden mit dem Plan, dass ich für 2 Jahre bei ihm meinen Wohnsitz anmelde, und dass ich dann selber eine Gemeindewohnung bekommen könnte (eine Voraussetzung für den Antrag bei Wiener Wohnen ist eine durchgehende Mindestmeldung des Hauptwohnsitzes von zwei Jahren in Wien. Anm.). Ich ließ mir das Ganze durch den Kopf gehen und entschloss mich, dem nachzugehen und rechtlich zu prüfen, weil sonst bringt mir ja die Meldung nichts, und so griff ich zum Telefon und rief bei der Wohnberatung im 3. Bezirk an.

Es war eine Dame am Telefon. Ich fragte sie, ob das möglich sei, mich bei meinen Freund anzumelden und dann eine Wohnung zu bekommen. Laut der Dame ist es so, dass ich mich schon melden könnte bei meinem Freund in seiner Gemeindebau-Wohnung, nur eine Gemeindewohnung bekomme ich dadurch nicht. Da ich mit meinen Freund nicht verwandt bin, kriege ich keine Wohnung, selbst wenn die Wohnung überbelegt wäre – und das wäre sie bei ca. 35 m2, 1 Zimmer. Das war ein Schlag ins Gesicht, wieder nix.

Keine Chance

Was ich mich dabei frage, ist: Was macht Mensch, wenn er/sie keine Verwandten hat oder sich nicht gut steht mit seiner Verwandtschaft – soll ja auch vorkommen. Dann hat der Mensch keine Chance auf eine Gemeindewohnung. Dann fragte ich bei meinem Anruf des Weiteren noch, wie es zum Beispiel ausschauen würde, wenn ich am privaten Wohnungsmarkt schauen würde und, angenommen ich bekomme eine Wohnung, wo der Mietvertrag nach 2 Jahren ausläuft, dann würde ich ja meine Meldezeiten vorweisen können, um die es ja angeblich bei der Sache geht. Die Dame am Telefon meinte, dass das noch lange kein Grund wäre, eine Wohnung von Wiener Wohnen zu bekommen. Ich müsste begründen, warum ich eine Wohnung brauche. Also es reicht nicht, dass man angibt, von Obdachlosigkeit bedroht zu sein bzw. auch wirklich obdachlos zu sein. Laut meiner Logik und der vieler anderer müsste der Mensch dann eine Wohnung bekommen, aber meine Logik ist nicht die von der Wohnberatung. Die Dame sagte noch, wenn ich am privaten Wohnungsmarkt eine Wohnung habe und der Mietvertrag wird nicht verlängert, dann soll ich mich delogieren lassen. Als ich das hörte, dachte ich mir nur, das kann´s ja ned sein, mir kommt das Kotzen!

Ich fragte sie, wer denn für die Richtlinien dafür verantwortlich sei ? Daraufhin gab mir die Dame die Telefonnummer des Wohnbau-Stadtrats. Dort rief ich an und fragte erneut nach, wie das jetzt für mich in meiner Lage aussehen würde. Den Herrn Ludwig selbst habe ich natürlich nicht gesprochen, ich musste mit seiner Sekretärin vorliebnehmen. Die Dame dort am Telefon: Wie wär´s mit einer Genossenschafts-Wohnung. Auf meine Frage, wie ich das als Mindestsicherungsbezieher machen soll, legte sie einfach auf. So viel zum Thema respektvoller Umgang miteinander. Ich fühlte mich einfach nur verarscht, aber das betrifft nicht nur mich, sie verarschen auch andere Leute. Beispielsweise eine Bekannte von mir. Sie war 7 Jahre lang Hauptmieterin in Wien. Jetzt würde man glauben, dass sie ihre Meldezeiten eigentlich erfüllt haben sollte. Ihr Mietvertrag wurde nicht verlängert, und sie wurde abgelehnt beim Ansuchen für eine Gemeindewohnung. Ihr wurde geraten, sich delogieren zu lassen.

Beispiel 2: Ein Bekannter, den ich vom Augustin her kenne, hat 2 Jahre in Wien einen Hauptwohnsitz gehabt. Jetzt dachte er sich, er sucht um eine Gemeindewohnung an. Seinen Erzählungen nach waren sie noch dazu sehr unfreundlich zu ihm – er hatte das Gefühl, dass er vor Gericht saß und nicht bei der Wohnberatung.

Ich weiß, nicht wie´s euch damit geht, wenn ihr so ein Gegenüber habt – ich könnt’ aus der Haut fahren. Der Großteil der Menschen hier in Österreich ist unzufrieden. Das hat einen ganz einfachen Grund, sie fühlen sich durch unsere lieben sogenannten Volksvertreter_innen im Stich gelassen und auch unverstanden. Leute, die dies gar ned checken, was da abgeht, wählen dann irgendwelche Hetzer, das behaupte ich mal so und lehne mich dabei aus dem Fenster. Ich persönlich wähle seit Jahren nicht mehr. Denn: Als Obdachloser bekommst du auf deine Postadresse keine Wahlkarte, da müsste man, wenn man von seinem Wahlrecht Gebrauch machen möchte, zu einem Amt und dort seine Wahlkarte beantragen. Wenn ich wo gemeldet bin, passiert das automatisch, warum geht das bei Obdachlosen nicht? Sind die nichts wert in der Gesellschaft? Und die Antwort lautet leider, ja, sie sind nichts wert in dem System, weil sie angeblich nichts dazu beitragen. Ich sehe das nicht so. Für mich ist ein jeder Mensch wertvoll, egal welcher Herkunft, Religion, wohnungslos oder nicht. Aber die Gesellschaft, das System misst in Wertigkeiten, wie wertvoll ist einer, was bringt er uns usw.

Aber gehen wir wieder zum eigentlichen Thema zurück, und das ist das Leid von Hans Wurst mit seiner Wohnungsgeschichte.

Schreibst dem Bürgermeister

Vor ein paar Wochen dachte ich, Hans, schreibst dem Herrn Bürgermeister eine Mail betreffs deiner Situation und deinem Problem, dass du keine Wohnung bekommst. Bis jetzt ist leider nichts gekommen, außer, dass mich jemand von Betreutes Wohnen im 8. Bezirk angerufen hat. Ich habe dankend abgelehnt. Warum?

Ich weiß nicht, ob ihr Betreutes Wohnen kennt. Man kommt für 2 Jahre oder kürzer in eine Art Wohnheim, manche kommen sogar in Wohngemeinschaften oder bekommen eine Betreute Wohnung für die Zeit. Die Zimmer sind sehr klein, Küche und Bad müssen geteilt werden. Man hat Sozialarbeiter dort, die einem helfen wollen oder nerven – ganz unterschiedlich. Ich bin bis jetzt ganz gut ohne Betreutes Wohnen klargekommen.

Ich komme zwar so nicht an eine Gemeindewohnung, aber ich bin auch nicht in einem sozialen Getto. Zum Betreuten Wohnen kommen oft Leute, die ein Alkohol- oder ein Suchtgift-Problem haben, und da ich zum Glück weder ein Alkohol-Problem noch ein Suchtgift-Problem habe, benötige ich so eine Einrichtung nicht.

Und ich will eine Wohnung, ich kann schon ganz alleine meine Miete bezahlen und die Betriebskosten, bin ja schon groß.

Oft werden die Menschen, die aus einer betreuten Wohneinrichtung kommen, dann in Gemeindewohnungen untergebracht, die sonst keiner haben will, weil es zum Beispiel laut ist, oder sie kommen in irgendwelche Bauten, wo sie nur «sozial Schwache» untergebracht haben, das nennt man dann Gettos bilden. In Wien ist das zum Glück noch nicht so schlimm, wie in manch anderen Städten. Da gibt es «soziale Brennpunkte», z. B. einige Vororte von Paris oder in Amerika in Baltimore, da hast du Stadteile, wo man besser nicht unterwegs ist, weil da viele Verbrechen passieren. Aber der Mensch, der in so einem Ort lebt, wird ja nicht kriminell, weil er sich denkt, ach, ich werd jetzt von Beruf ein Krimineller, weil´s schön ist. Nein, er macht das aus reinem Überlebenstrieb.

Wohnraum selbst nehmen

Wenn man hergeht und ein Haus besetzt, weil es schon lange leer steht und sich seinen Wohnraum selbst nimmt, dann wird man dafür bestraft. Dabei sollte das ein Grundrecht der Menschheit sein: Wohnraum, ein günstiger Wohnraum und den hat die Gemeinde Wien mit seinen Gemeindebauten.

So, ich hoffe, dass ich bald eine Wohnung bekomme. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt´s immer, und falls mir wieder jemand ein Feedback geben möchte, ich freue mich darüber, und es ist auch die Politik, die Stadt Wien gefragt, sonst verliere ich ganz den Glauben an euch.

* Nach unzähligen Umzügen und zeitweiliger Obdachlosigkeit versucht Hans Wurst seit mittlerweile mehreren Jahren eine Gemeindewohnung in Wien zu bekommen. Alle Anträge wurden bisher abgelehnt. Hans (es handelt sich um ein Pseudonym) war Augustin-Verkäufer und schreibt u. a. über seine Wohnungsgeschichte, die in den Augustin-Ausgaben 427, 428, 430 und 432 erschienen ist.

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