Kein Wohlfühl-Rock ’n’ RollArtistin

Musikarbeiter unterwegs … ein Delta verlieren, ein «g» gewinnen

Als Soloprojekt begonnen und an den Drums frisch umbesetzt. Das Wiener Trio Mekongg legt sein ­Debütalbum vor. Postcore? Graveyard-Disco? Intensive und kluge Rockmusik. Text: Rainer Krispel, Foto: Mario Lang.

«No input, no output», um wieder einmal (Joe) «Strummer’s Law» zu zitieren. Was nebstbei erklärt, warum die derzeitige Regierung so tut, wie sie leider tut. Die haben alle noch nie im Leben etwas Gescheites zu sich genommen, allen voran ihr kindlicher Phantom-Anführer. Im konkreten Fall will das Zitat helfen zu erzählen, dass die wenigsten dieser Artikel konzentriert tippend am Rechner entstehen. Mindestens läuft die Musik der Band, der Künstler_innen, von denen geschrieben wird. Meist sehr laut im Kopfhörer (der Ohrenarzt hat gesagt. ein Jahr können wir noch warten …). Also diesmal Mekonggs selbstbetiteltes Debütalbum, von der dreiköpfigen Band (Pete Prison – Stimme, Gitarre; Mackie Messer – Bass; Terrora Primera – Schlagzeug) selbst produziert und verlegt, auf Vinyl (dessen sieben Lieder gibt es im Netz via Bandcamp zu hören, der plattenabspielende Rechner harrt noch der Erfindung …).

Bei Erscheinen dieses Artikels ist dessen Livepräsentation im verdienstvollen Fluc, oben, schon wieder drei Tage Vergangenheit, von diesem Schreiber hoffentlich miterlebt. Wie mir ein bei der das ­Schreiben begleitenden assoziativen Suche nach «Mekongg» bald geöffnetes Fester im weltweiten Netz erzählt, hat Martin Panza (www.panzaplatte.at) das Trio schon einmal live gesehen, im Bach, Mai 2016. Zu zwei mitgefilmten Songs schreibt er (die Welt braucht mehr kompetente Live-Reviews!): «Nach dem Konzert wollte ich eigentlich schon gehen, aber das Bier war noch nicht aus, und wenn ich schon mal da war, beschloss ich mir auch noch die letzte Band, nämlich Mekongg, anzuschauen. Und ich habe es nicht bereut, obwohl ich die Musik nicht schubladisieren kann. 3 Mann Besatzung, lange Instrumentalstücke, teilweise langsam und zart beginnend, enden in einem fetzigen Beat. Sehr psychedelische Musik !! Hat für mich etwas gemeinsam mit der Musik von den Nervösen Vögeln, den Underground Corpses und den Television Personalities – sehr gut !!! Sehr cooler Bassist. Die Bühne war die ganze Zeit in blaues Licht getaucht und ich bin immer wieder erstaunt, wie perfekt all diese jungen Bands, die ich nicht kenne, spielen.»

Calais. Mit einem annähernd siebenminütigen Instrumental diesen Titels fängt das in der Linzer Kapu mit Phil Sicko aufgenommene Album an, on the Drums der mittlerweile «verabschiedete» Ben Mayer. Songdauer und Titel – die nordfranzösische Hafenstadt und der «jungle de Calais» tauchten in den letzten Jahren im Zusammenhang mit geflüchteten Menschen immer wieder in den Medien auf – lassen logisch darauf schließen, dass es Mekongg nicht um herkömmlichen Wohlfühl-Rock ’n’ Roll geht. Wiewohl diese Musik «rockt». Für mich im vertrauten, zugleich aufregenden Sinne wohlgeschätzter US-Bands der späten 1980er, als Hardcore sich für musikalische Abstraktionen und Erweiterungen öffnete. Sag Postrock zu mir. Pete hat 2013 damit begonnen zu versuchen, «am Computer eine Band zu sein», bezüglich Einflüssen kommt die Rede auf «80ies-Bands, viel Düsteres» und auf Rachmaninov, den russischen Komponisten und Pianisten, «das Orchestrale, das sich langsam Aufbauende». Die Instrumental-Stücke (drei) – «Worte können auch viel zerstören» – und die gesungenen Lieder ergänzen und befördern sich wechselseitig. Schon erlebe ich mit «Denis Morgan Fold» ohne Lyrics einen sinnlichen Erwachsenenbildungsmoment oder lasse mich von den ersten Zeilen in «Torsade de Pointes» hineinziehen: «In a house of cards/lives a flower on a string/and every move she makes/is just meant to please him». Pete erzählt von Studiosituationen, wo den Mitmusiker_innen die Emotion eines Stücks nähergebracht werden musste, um zu einer wirklich stimmigen Aufnahme zu gelangen. Mit «Tinder Girl» sind Mekongg einem «klassischen» Song am nächsten, steht ihnen ebenfalls ausgezeichnet.

Youthful Spark. Als Pete der Rechner zu wenig wurde, brachte die Begegnung mit Mackie/Martin die Band auf den Weg, der Name verwandelte eine (rassistische) Beleidigung in ein Aushängeschild, aus Mekong-Delta wurde wegen gleichnamiger deutscher Trash-Metaller schließlich ­Mekongg. Diese machen heute als Band alles selbst. «Unsere Leben sind um unsere Bands herum gebaut», sagt Neo-Drummerin Terrora, deren Alter Ego Aurora Hackl bei Petra und der Wolf spielt, eine Querverbindung zu Unrecords und queer-feministischen Zusammenhängen. Mackie ist als Bassist bei/für Voodoo Jürgens meist nicht unterbeschäftigt, Petes Kunststudium wird, launig, als «lang und ziemlich schlecht» reflektiert. Durch Terrora beginnt sich das «alte» Material zu verändern, neue Spannung und Möglichkeiten aufzubauen, neben Pete bringt Mackie zunehmend Ideen und Ansätze für neue Mekongg-Stücke. Mekongg moves on!

 

Mekongg: Mekongg

LP (Eigenverlag)

Live: 10. Juni,

Ute Bock Cup

www.mekongg.com