Jan Klimes, 53, Augustin-Verkäufer auf der Mariahilfer Straße, sammelt Pfandbecher auf Konzerten – tut sich aber nicht jede Musikrichtung an.
Was sind die besten Konzerte, um Becher-Pfand zu kassieren – oder ist das Ihr Geheimnis?
Jan Klimes: Das ist kein Geheimnis. Ich habe keine Konkurrenz. Ich mag Metal-Konzerte, also Black Metal, Death Metal, Progressive Metal, Deathcore, Grindcore, Post Metal, Folk Metal, Alternative Metal. Pop Metal Core ist nicht meins. Aber Country Rock und Punk mag ich auch. Meine Top-eins-Band ist Led Zeppelin. Frontman Robert Plant singt aber nur noch solo. 2016 habe ich ihn in der Arena Wien gesehen. Ur gut! Alle anderen Bands sind für mich Nummer zwei. Bei Metallica war ich schon neun Mal, zum Beispiel voriges Jahr in Hamburg. Da habe ich aber ein Minus gemacht. Genauso am Wacken-Festival: Minus. Konzerte im Ausland sind nichts. Das kostet viel und die Zeit ist auch weg. Ich bleibe lieber in Wien.
Auf wie vielen Konzerten waren Sie heuer schon?
Ich kann die Zahl der Bands ganz genau sagen, weil ich alle Konzertkarten gesammelt habe und genau Buch führe. In den 82 Tagen dieses Jahres (zum Zeitpunkt des Interviews, Anm. d. Red.) habe ich 40 Bands gesehen. Bei einem Konzert spielen manchmal zwei oder drei Bands. Und ich schreibe auf, was ich in wie vielen Stunden verdient habe.
Ab welcher Einnahme sind Sie zufrieden?
Im Schnitt sammle ich 30 Becher bei 400 Konzertbesuchern. Unlängst habe ich 43 Becher bei 500 Leuten geschafft. Auf den Konzerten gibt es Menschen, die mir automatisch Becher geben, weil sie mich kennen. Für einen Becher erhalte ich 1 Euro Pfand. Nur in der Stadthalle gibt es zwei Euro. Leider ist dort nur vier Mal im Jahr ein interessantes Konzert. Hauptsächlich ist dort scheiß Musik.
Für den besseren Verdienst würden Sie also kein Pop- oder Volksmusik-Konzert besuchen?
Nein, auf keinen Fall.
Zahlen Sie Eintritt?
Dieses Jahr noch nicht. Alle Karten sind mir gespendet worden. Ich sage dann: «Spenden Sie mir bitte eine Karte? Ich habe noch kein Ticket.» Oder ich tausche Schnaps-Karten oder Ansichtskarten dagegen ein. Das funktioniert eigentlich immer.
Wie wichtig ist das Bechersammeln für Ihr Einkommen?
Keine Becher, keine Wohnung. Mit dem Augustin-Verkauf komme ich nicht durch. Mit Strom zahle ich für die Wohnung mindestens 750 Euro. Ich habe deshalb diesen Monat schon insgesamt 186 Stunden gearbeitet.
Hat schon einmal jemand einen Becher nach Ihnen geschmissen?
Ich habe nie Probleme bei den Konzerten. Nur manchmal gibt es ein paar Idioten.
Als Rapid-Fan könnten Sie auch bei Fußball-Matches Becher sammeln.
Ja, aber da verdiene ich nicht viel. Fußball-Fans trinken weniger als Metal-Fans.
Sind Metal-Fans obendrein besonders freigiebig?
Ein Mensch hat mir letztens sechs Becher gegeben! Aber die meisten Menschen sind geizig. Sie zahlen viel für die Konzertkarten, aber wollen mir nicht einmal einen Becher geben. Andererseits werfen sie eher drei Becher weg, als einen Augustin zu kaufen. Das ist schon traurig.
Auf manchen Veranstaltungen werden zusammen mit den Bechern auch Bons ausgeteilt. Pfand gibt es nur, wenn man beides zurückgibt. Wie gehen Sie damit um?
Dieses System gab es beim Festival in Wiesen. Ich habe zuerst die Becher gesammelt und dann gerufen: «Ich habe viele Becher, aber keine Jetons!» Daraufhin haben die Leute ihre Jetons gesucht und mir gegeben. Das war die doppelte Arbeit. Aber das habe ich anderswo noch nicht erlebt. Beim Nova Rock gibt es ein anderes Problem. Dort sind pro Eintrittskarte maximal 30 Becher erlaubt. Warum? Das verstehe ich nicht, das ist diskriminierend. Deswegen war ich voriges Jahr nicht mehr beim Nova Rock.
Gibt es Becher, die Sie nicht zurückgeben?
Einen Becher pro Band behalte ich schon. Hier habe ich zum Beispiel einen von Böhse Onkelz, hier einen von Bruce Springsteen oder hier einen vom Wacken-Festival.
Nächstes Jahr wird es in Österreich Pfand für Plastikflaschen oder Alu-Dosen geben. Würden Sie die dann auch sammeln?
Wenn es das gibt, ist auch das Nova Rock wieder gut! Dann werde ich dort Dosen suchen!
In Deutschland gibt es sogar einen eigenen Sammler:innen-Beruf. Wäre das etwas für Sie?
Das weiß ich noch nicht. Aber es wäre gut, wenn ich eine Versicherung hätte.