Keine tote Stadt mehrtun & lassen

Punk in Buchform

In den 1990ern war in Wien schon richtig viel los. Wer sich in der alternativen (Musik-)Szene verortete oder sich zumindest dafür interessierte, konnte im WUK, Chelsea, Flex, EKH, in der Arena und ein paar anderen Lokalitäten abhängen, headbangen, Bier trinken, sich vernetzen, diskutieren … Dass diese Orte entstanden und Wien nicht mehr die «tote Stadt» war, ist nicht zuletzt Aktivist:innen aus der Wiener Punkkultur zu verdanken. Claus Oistric, Jahrgang ’81, zeichnet in Als der Vorhang fiel. Punk im Wien der 90er die örtliche Punkbewegung nach. Wobei: Zeichnen trifft die literarische Technik, der sich der Autor bedient, eigentlich nicht, Patchwork, Collage und Vielstimmigkeit kommen schon eher hin. Oistric erzählt Geschicht(en) des Punk in Wien und z. T. auch sonst in Österreich, und er lässt ganz viele Protagonist:innen von damals im Sinn der oral history direkt zu Wort kommen. Die besondere Ästhetik und den «Spirit» vermitteln die vielen Fotos und Abbildungen von (meist in do-it-yourself-Manier gebauten) Plakaten im Buch. Die Zeit, um die es geht, umfasst die 80er bis in die 2000er-Jahre, ohne vorher und nachher existiert ja kein Jahrzehnt. Eine historische Abhandlung ist Als der Vorhang fiel nicht – obwohl Claus Oistric auch Zeitgeschichte studierte. Er schreibt: «Das Buch [ist] keine Chronik, es ist EINE und nicht DIE Geschichte über Punk in Wien.»

Claus Oistric: Als der Vorhang fiel. Punk im Wien der 90er
Milena Verlag, Reihe Glitzer & Grind 2023
180 Seiten, 22 Euro