Keine Zeit für michAugustiner:in

Foto: © Mario Lang

Augustinerin Emymargarretha T.

Ich bin seit vier Jahren Augustin-Verkäuferin in der Bergmillergasse. Ich habe drei kleine Kinder. Bei der Betreuung hilft mir die Oma von meinem Mann. Wenn ich schlechte Laune habe, gehe ich einfach raus, einkaufen, oder ich putze, dann vergesse ich unseren Stress. Seit ich die Kinder habe, habe ich keine Zeit mehr für mich. Wenn ich mal eine Stunde Zeit habe, versuche ich zu erledigen, was ich an diesem Tag noch nicht geschafft habe. Manchmal schaue ich fern, mache die Zimmer schön, aber meistens muss ich verkaufen gehen. Ich organisiere mir meine Termine am Vormittag und wenn die Kinder versorgt sind, kann ich nachmittags verkaufen. Die Leute sind aktuell selbst in einer schlechten Situation. Die Zeitung kostet drei Euro, aber statt sie zu kaufen, wollen manche nur ein paar Cent geben – das reicht nicht mal für ein Sackerl.
Meine Eltern haben beide Augustin verkauft, aber ich wollte überhaupt nicht in diese Situation kommen. Vor den Kindern arbeitete ich als Friseurin. Ich hatte schon ein Viertel der Lehre abgeschlossen, da lernte ich meinen Mann kennen und musste mich entscheiden: arbeiten oder meine Liebe finden. Ich beschloss, den Abschluss später zu machen und bin zu ihm nach Frankreich. Eine Weile habe ich als Reinigungskraft gearbeitet, aber nach dem dritten Kind hatte ich dafür keine Zeit mehr. Solange die Kinder noch wachsen, verkaufe ich den Augustin zur Überbrückung. Das passt mir sehr gut, weil ich flexibel bin und niemand mir sagt, wann ich verkaufen soll. Momentan habe ich noch keinen Kindergartenplatz, sie haben mich beim städtischen Kindergarten auf die Warteliste gesetzt für nächstes Jahr, private Kindergärten sind zu teuer.
Wenn ich jüngere Frauen sehe, würde ich ihnen gerne sagen: Ihr habt noch Zeit. Ich erinnere mich daran, als ich noch 16 war und viel frei hatte. Wenn ich Zeit hätte, würde ich Sachen probieren, die mir Spaß machen. Ich bin sehr hilfsbereit und spreche viele Sprachen: Romanes, Rumänisch, Deutsch und Französisch. Bis ich fünf war, bin ich in Arad aufgewachsen, in Rumänien nahe der ungarischen Grenze. Seitdem bin ich in Wien und fühle mich hier zuhause. Wir würden hier nie weggehen. Mein Traum ist, einen eigenen Friseursalon zu haben, oder als Übersetzerin und Beraterin rumänischen Menschen zu helfen. Ich würde gerne etwas dafür tun, dass unsere Leute das Recht auf ein gutes Leben hier bekommen. Damit nicht mehr gesagt wird: «Ihr Rumänen arbeitet nicht.» In einigen Jahren stelle ich mir vor, dass meine Kinder gesund sind und einen sicheren Job haben, der ihnen Spaß macht.

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