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Es ist nicht die Leistung, die zählt, es sind nicht die Kompetenzen, die honoriert werden. Noten werden nach Herkunft vergeben. Schüler_innen aus Haushalten mit geringer Bildung erhalten bei gleicher Leistung die schlechteren Noten. Bei gleicher Lesekompetenz fassen sie die deutlich schlechteren Noten aus. Und umgekehrt bekommen Schüler aus universitärem Elternhaus bei gleichen Kompetenzen die besseren Beurteilungen.
Beim Übertritt von der Volksschule ins Gymnasium spielt sich dasselbe ab. Bei gleicher Lesekompetenz wechseln 67 % der Schüler_innen mit Akademiker-Eltern in die AHS, 40 % mit Matura-Eltern, aber nur 22 % der Schüler_innen aus Haushalten mit Pflichtschulabschluss. Da eine große Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund aus Elternhäusern kommt, die geringe Bildungsabschlüsse haben, trifft sie das besonders. Hier geht es um Bildungs- und Statushintergrund. Das Schulsystem funktioniert in Österreich offensichtlich nach Herkunfts-, nicht nach Leistungskriterien.
In diesem Zusammenhang gibt es ein weiteres Phänomen der Status-Angst, das die Leistungen selbst senkt. Die Ökonomen Karla Hoff und Priyanka Pandey veröffentlichten im Auftrag der Weltbank die Ergebnisse eines ungewöhnlichen Feldversuches. Sie legten Kindern, die sowohl aus einer höheren wie aus einer niederen indischen Kaste kamen, Aufgaben vor. In einem ersten Durchgang schnitten die Kinder aus den niederen Kasten leicht besser ab als die aus den höheren. Niemand wusste, wer welcher Kaste angehört. Dann wiederholte man das Experiment. Zuerst mussten sich die Kinder mit Namen, Dorf und Kastenzugehörigkeit vorstellen, dann durften sie die Aufgaben lösen. Das Ergebnis: Die Leistungen der Kinder aus den unteren Kasten waren deutlich schlechter.
Gleiches aus den USA bei Sprachtests: Die Leistungen hängen davon ab, wie die Tests präsentiert werden: entweder als Test um Fähigkeiten abzuprüfen oder als nicht-diagnostische Erhebung. Bei Erwartung eines nicht diagnostischen Tests schnitten schwarze Schüler genauso ab wie weiße, beim angekündigten diagnostischen deutlich schlechter. Und wenn die zu Testenden gebeten werden, ihre Gruppenzugehörigkeit anzugeben, in dem Fall, ob sie schwarz oder weiß sind, ändert sich alles. Diejenigen schwarzen Schüler, die aufgefordert wurden, ihre Hautfarbengruppe zu nennen, schnitten deutlich schlechter ab als ihre weißen Kollegen. Diejenigen, die nichts angeben mussten, zeigten dieselben Ergebnisse wie die weißen Schüler. Die Ergebnisse wurden auch bei Vergleichen von Latinos mit Weißen bestätigt. Hier wurden mathematische Fähigkeiten und räumliches Vorstellungsvermögen getestet.
Wenn man eine Gruppe verletzlich macht hinsichtlich negativer Vorurteile, die im gesellschaftlichen Kontext vorherrschen, dann bleibt das nicht ohne Wirkung. Wer damit rechnet, als unterlegen zu gelten, bringt schlechtere Leistungen. «Sterotype threat» wird dieser Effekt genannt, Bedrohung durch Stereotype. Umgedreht heißt das, dass die besten Lernvoraussetzungen in einem anerkennenden Umfeld zu finden sind, dort wo wir an unseren Erfolg glauben dürfen. Statusangst und die Folgen negativer Bewertung sind Lern- und Leistungshemmer.