Raiffeisens «vernünftige Balance»:
Raiffeisen gibt sich nicht nur gerne regional verankert und volksverbunden, sondern auch äußerst umweltfreundlich. Nicht nur Online-Aktivitäten, sondern auch konkrete Investitionen sollen unser gefährdetes Klima verbessern. Allerdings nur, solange der Profit stimmt …Auf dem ÖkoEnergie-Blog, «powered by Raiffeisen Leasing», sind viele interessante Analysen und Kommentare in Sachen alternativer Energiepolitik. Von mittels Crowdfunding finanzierten Photovoltaikanlagen bis zu Best-Practice-Modellen ökologisch nachhaltiger Energieversorgung reicht die Palette der dort publizierten und durchaus informativen und spannenden Texte. Raiffeisen positionierte sich mit diesem Blog, aber auch mit den ökonomischen Investitionen im Bereich Öko-Energie vor einigen Jahren als wahrhaft grüner Riese. Nicht nur die Verbundenheit mit Land und Leuten, sondern auch die Sorge um die Intaktheit unserer Umwelt wurde als zentrales unternehmenspolitisches Element herausgestellt. Nur ein Neider würde dahinter eiskaltes kapitalistisches Kalkül vermuten, wo doch für Raiffeisen in Wahrheit einzig und allein die Sorge um unsere schöne Natur im Zentrum des Interesses steht. Nicht zuletzt auch die tolle, bereits 2007 gegründete Raiffeisen-Klimaschutzinitiative soll beweisen, wie ernst es Raiffeisen mit der Erhaltung unserer Natur ist, will sie doch «das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Energieeffizienz und erneuerbare Ressourcen […] stärken». So weit, so gut.
Im Mai dieses Jahres allerdings vermeldete das «Wirtschaftsblatt» den geplanten Verkauf der gesamten Ökoenergiesparte durch Raiffeisen. Insbesondere die durch die Krise des Kapitalismus verursachte Änderung in der Förderpolitik in den osteuropäischen Ländern wurde für die Entscheidung ins Treffen geführt. Wenig charmante Zeitgenoss_innen könnten das schlicht und einfach so deuten: Wenn staatlicherseits die Profitrate nicht garantiert wird, ist es auch schon vorbei mit dem grünen Gewissen. Und so wird nicht nur die Raiffeisen Energy & Environment (REE) unter den Hammer gebracht, auch von der 100 Prozent-Tochter Renergie, die 2013 immerhin 62 Energieerzeugungsanlagen in Österreich, Deutschland, Tschechien und der Slowakei betrieb, muss sich der Konzern laut Raiffeisen-Boss Klaus Buchleitner «schweren Herzens» trennen. Das «Wirtschaftsblatt» liefert auch gleich den Grund für die traurige Entscheidung: «Grund sind die strengen Kapitalvorschriften.»
Fluchtgründe: Bankenabgabe und strenge Kapitalvorschriften
Aufmerksamen LeserInnen unserer Serie dürfte dieser Ton bekannt vorkommen: Im letzten Augustin berichteten wir über die Pläne von Heinrich Schaller, Chef der mächtigen Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, den Unternehmenssitz ins deutsche Passau zu verlegen, falls die Bankanabgabe tatsächlich kommt. Die Parallelen sind frappant: In beiden Fällen entlarvt sich das Verantwortungsblabla von Raiffeisen als heiße Luft. Für die Region: ja, aber nur wenn die Profite stimmen. Klimaschutz und Alternativenergie: gerne, aber nur wenn die entsprechenden Länder einen guten Geschäftsgang garantieren. Dabei könnten doch eben jene „strengen Kapitalvorschriften“ oder die Besteuerung von Bankenprofiten Mechanismen sein, die zumindest die gröbsten Ungerechtigkeiten des gegenwärtigen Kapitalismus abfedern könnten. Aber wie so oft hört es sich für Raiffeisen mit Nächstenliebe und Verantwortung spätestens dann auf, wenn damit nicht Charity-Events oder andere Umwegrentabilitätsveranstaltungen gemeint sind. Wagt die Politik auch nur den kleinsten politischen Schritt, der nicht in das Kalkül des allmächtigen Konzerns passt, so wird völlig unverhohlen mit dem Rückzug gedroht. Ob es das ist was Raiffeisen meint mit dem Eintreten „für ein weltweit nachhaltiges Wirtschafts- und Sozialmodell […], mit dem eine vernünftige Balance zwischen einer innovativen, wettbewerbsstarken Marktwirtschaft, der sozialen Verantwortung und der Verantwortung für die Umwelt angestrebt wird.“ (raiffeisen-klimaschutz.at)
Vom der Rücknahme der 21,4%igen Raiffeisenbeteiligung an der STRABAG ist im Übrigen bislang nichts bekannt. Zur Erinnerung: Die STRABAG baut an Reaktoren des slowakischen Atomkraftwerks Mochovce – und hat ihren operativen Gewinn im Jahr 2013 um 26 Prozent auf 261,6 Millionen Euro gesteigert, sicherlich ganz im Zeichen des Klimaschutzes. Und was meint Rio dazu? „Besuch doch heute Abend deinen Chef und fahr mit seinem Mercedes weg. Gib ihm doch endlich seinen Lohn, mach dich auf die Socken, er wartet schon.“