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Ausstellung zu Partizipation in der Kunst

Teilhabe, Handlungsmacht, Partizipation – Schlagworte, die nicht nur gesellschaftspolitisches Gewicht haben, sondern auch in der Kunst eine Rolle spielen. Das Wiener 21er Haus will mit der Ausstellung «Duett mit Künstler_in – Partizipation als künstlerisches Prinzip» zeigen, «wie Künstlerinnen und Künstler Menschen aktivieren und zur Handlung auffordern». Christian Egger hat sich aktivieren lassen.

Partizipation als künstlerisches Prinzip – ein Ausstellungstitel, der einiges verspricht. Durch diese Thematik vorweg sensibilisiert, streift mein Auge auf dem Weg ins Museum ein «Bitte nicht betreten»-Schild, welches die kleinen Rasenflächen vor dem 21er Haus ziert. Drinnen hingegen soll die aktive Teilhabe der Besucher_innen im Vordergrund stehen und Arbeiten sollen ausgestellt werden, die diese fördern und ermöglichen. Vielleicht ist es deshalb in diesem Zusammenhang besser, statt von einem Ausstellungsrundgang von einem Abschreiten unterschiedlicher Stationen eines insgesamt aktivierenden Parcours zu sprechen.

Im Eingangsbereich erwartet die Besucher_in die verspiegelte Selbstbedienungsbar «Luhmann-Eck» von Claus Föttinger, die gleich zum Verweilen und Verzehr von Bier oder Kaffee einlädt. Das allerdings wirft sogleich eine grundsätzliche Problematik der Ausstellung auf: jene des Verhältnisses von Publikum zu der Wahrnehmung der Belebtheit – bei starkem Andrang nämlich könnte sich tatsächlich ein Barfeeling, inklusive dem Anbahnen von Gesprächen mit Unbekannten, einstellen. An diesem frühen Nachmittag aber blicke ich einsam in einen der 140 Spiegel der Installation, und erspähe noch dazu darin den zwar betreuten, ansonsten ebenfalls verwaisten Cateringwagen im Foyer des Hauses.

Kunst und/oder Leben.

Neben einer Vielzahl historischer Dokumentationen von Versuchen, die Kluft zwischen Kunst und Leben zu verringern – etwa von dem später mit der Pop-Formation Yello musikalisch reüssierenden Dieter Meier, oder einer mit dem Spruch «wer nicht denken will, fliegt raus» in Kreide versehenen Tafel des deutschen Mystikers Josef Beuys – setzt die Schau vor allem auf Beiträge, denen eine Form der interaktiven Nutzbarkeit innewohnt, was sich jedoch kaum in der Ausstellungsarchitektur berücksichtigt findet. Langeweile soll im Duett mit Künstler_in dennoch nicht aufkommen. Dafür sorgen Tischtennisspiel, Gelegenheit zum Aktzeichnen, poetische Verwirklichung mit Druck-Stempel, Anleitungen und Materialien zu Ausführungen von Erwin Wurms «One Minute Sculptures», die zeitweilige Übernahme eines von Christine Hill konzipierten Kaufmannsladens oder die Verwendung einer Zeichenmaschine von Angela Bulloch, welche in Reaktion auf die Auf- und Abbewegungen des Publikums vertikale und horizontale Linien mit rotem Marker auf die Museumswand überträgt. Interessanterweise sind es aber nicht die Werke, die am lautesten zur Nützung rufen, die diese Ausstellungserfahrung bereichern, sondern eher jene, die ihren funktionellen Reiz mystifizieren. Ein Gang durch den mit Scheinwerfern und Spiegel versehenen Raum der Installation «Shadows» von Juergen Staack etwa fokussiert den Moment des eigenen Ausstellungsbesuchs und der dabei ausgeführten Bewegungen auf einfache wie effektive Weise, wie auch ein Blick in das Spiegel-Triptychon namens «Psyche» von Franz West nackte, existenzielle Selbstbetrachtung ermöglicht und zudem das Außen des Skulpturengartens gewieft mit einfängt.

Wünsch’ dir was.

Wie sich dieses Besucher_innen-Selbst neben seiner äußeren Erscheinung sonst noch zusammensetzt, geht Hans Haacke in «Besucherprofil» nach: Ein Fragenkatalog von 20 Fragen zu statistischen Daten über Wahlverhalten, Jahreseinkommen und anderem, dessen Ergebnis nach Beantwortung gemeinsam mit den bisherigen Antworten der Befragungsteilnehmer_innen auf einem Display in Diagrammen angezeigt wird und die angestrebte politische Dimension dieses Ausstellungsprojektes zumindest punktuell aufzeigt.

Wenn auch nicht zur Wiedergutmachung für weitere Versäumnisse, wie dem geringem Anteil von Künstlerinnen in der Ausstellung, aber zur Äußerung des Wunsches danach, eignet sich das «Wish Piece» von Yoko Ono und die ihr zugrunde liegende, eigentlich mühelos zu befolgende Handlungsanleitung: «Make a wish. Write it down on a piece of paper. Fold it and tie it around a branch of a Wish Tree. Ask your friends to do the same. Keep wishing. Until the branches are covered with wishes.» Leider vergaßen die meisten Wünschenden auf ein wichtiges Detail: nämlich ihren Zettel, bevor sie ihn beschriftet an den Wunsch-Baum heften, wie angegeben auch zu falten. Das könnte der Erfüllung von (deshalb wenig geheimnisvollen) Wünschen, wie etwa «Was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem anderen zu» und »I love 21er, viele glückliche Besucher» eventuell zum Nachteil gereichen.

 

Duett mit Künstler_in – Partizipation als künstlerisches Prinzip

27. September 2017 – 4. Februar 2018

21er Haus, 3., Arsenalstraße 1

www.21erhaus.at