Über Musikhits aus Uromas Tagen
Was wären Samstagnachmittage ohne die Wiederholungen alter Filme heimischer und deutscher Produktion im TV?
All die Komödien, Heimat- und Operettenfilme, Liebesschnulzen, Revue- und Schlagerfilme sind unerschöpfliche Quellen, wenn es darum geht, sich Moden, Befindlichkeiten, (nationale) Selbstbilder, Schauspielkunst vergangener Jahrzehnte zu Gemüte zu führen sowie sich mit älterem Liedgut vertraut zu machen und – guilty pleasure – sich zu unterhalten. Ein Großteil der immer und immer wieder recycelten Oldies wie Veronika, der Lenz ist da oder Ich küsse Ihre Hand, Madame entstanden in den 1920er- und 1930er-Jahren und viele der Songtexter und -komponisten stammten aus Wien bzw. Österreich(-Ungarn). Ihnen und ihrem Schaffen widmet sich die kleine und wirklich feine Ausstellung 100% Schlager in der Musiksammlung der Wienbibliothek. 100% Schlager bietet mit Infotexten, Fotos, zahlreichen Hörbeispielen, Filmausschnitten und wunderschönen Art-Deco-Plakaten einen breiten Überblick über den Austro-Anteil am deutschen Schlager von anno dazumal, beschäftigt sich z. B. mit dem Schlager zwischen Kommerz und Klischee und hinterfragt u. a. inhaltlich transportierte Frauen-, Orient- und andere Klischees.
Ralph Benatzky, Hermann Leopoldi, Fritz Löhner (alias Beda), Walter Jurmann, Karl Farkas (von ihm stammt übrigens der Text zu Wenn die Elisabeth), Fritz Rotter, Robert Stolz und viele andere prägten die deutschsprachige Populärmusik in den beiden Jahrzehnten nach dem 1. Weltkrieg. Dass die Schlagerbranche auch damals männlich geprägt war, verwundert nicht. Eine der wenigen weiblichen Protagonistinnen war die Wiener Pianistin und Komponistin Hilde Loewe-Flatter, die ihre Arbeiten ab 1927 unter dem Pseudonym Henry Love veröffentlichte. Loewe-Flatter war Jüdin und ging bereits 1934 ins Londoner Exil. Ein großer Teil der Musiker_innen und Autor_innen waren jüdischer Herkunft und viele emigrierten 1938. Fritz Grünbaum gelang die Flucht nicht, er starb 1941 im KZ Dachau.
100% Schlager. Wiener machen Schlager 1918–1938
Ausstellung in der Musiksammlung der Wienbibliothek (Loos-Räume)
Bis 8. März 2019
1., Bartensteingasse 9, 1. Stock
Mo–Fr, 9–13 Uhr
Eintritt frei
www.wienbibliothek.at