Konzernfreundlicher Journalismustun & lassen

Rosenbauer ist leider nicht nur ein Feuerwehrausrüster

Der österreichische Wirtschaftsjournalismus, auch der angeblich qualitätsvolle, wird seiner demokratischen Kontrollfunktion nicht gerecht. Er lässt sich von der PR der Konzerne diktieren, wie er über sie schreibt. Von Robert Sommer.

Illu: Much

Der oberösterreichische Feuerwehrausrüster Rosenbauer blicke mit dem bisher höchsten Auftragsbestand der Firmengeschichte optimistisch in die Zukunft. Auch in Zukunft werde eine leichte Belebung der Gesamtnachfrage am Feuerwehrmarkt erwartet. Das Wachstum werde überwiegend aus Asien sowie dem Nahen und Mittleren Osten kommen. Diese Nachricht übernahm die APA, die offizielle österreichische Presseagentur, vom Management der in Leonding positionierten Firma, in der mehr als 3000 Personen Beschäftigung finden. Diese Nachricht übernahm der «Standard» von der APA.

Es gibt – Traktoren und Rettungsautos ausgenommen – keine nützlicheren motorisierten Fahrzeuge als Feuerwehrautos. In unserem Land würde einiges verbrennen, wenn es diese Fahrzeuge nicht gäbe. Schön, dass ihre Herstellung Arbeitsplätze für 3000 Leute sichert. Nichts in dieser Wirtschaftsnachricht deutet auf Waffenhandel hin. Zumindest im zitierten Bericht vom 19. November wird verschwiegen, dass die Firma Rosenbauer nicht nur ein Feuerwehrausrüster ist. Sie wird immer mehr zum Polizeiausrüster. Die «Belebung des Feuerwehrmarkts» könnte in Wirklichkeit eine Belebung des Wasserwerfermarktes sein. Weder APA noch «Standard» stellen Fragen, wie groß der Anteil des Waffengeschäfts am Gesamtgeschäft von Rosenbauer ist. Sie stellen nicht die Frage, ob es Wasserwerfer oder Feuerwehrautos sind, die etwa in Saudi-Arabien so wunderbar nachgefragt werden.

Mit dem WAWE 10, wie der österreichische Qualitäts-Wasserwerfer heißt, ist zum Beispiel die deutsche Polizei ausgestattet worden. Eine Million Euro kostet das Stück; rund 80 sind geliefert worden. Rosenbauer hat die deutsche Konkurrenzfirma Ziegler ausgestochen, obwohl diese angeblich hinter den Falschmeldungen stand, dass die Rosenbauer-Wawes bei Tests schon durch geworfene Eier Schäden erlitten hätten. Dutzende deutsche Zeitungen übernahmen dieses Märchen.

Die Rosenbauer-Konstrukteure haben an alles gedacht: Es gibt keine horizontalen Flächen mehr im WAWE 10, damit die potenziellen Brandsätze des «schwarzen Blocks» nicht mehr auf dem Dach liegen bleiben können. Im Kabinenmodul ist Platz für einer Fünfer-Einsatzgruppe, darunter zwei Wasserwerfer-Operateure. Die Kabine ist sicher wie ein Panzer. Selbst bei einem Versuch des Wurfs mit einer Gehwegplatte aus dem dritten Stockwerk (12 Meter Höhe) war laut Rosenbauer die Sicherheit der Kabineninsassen gewährleistet. An Bord befinden sich Systeme, mit denen man Tränengas oder andere Substanzen, die Demonstrierende blind machen können, dem Wasser beimischen kann.

Der PR-Einfluss hat in den Medien stark zugenommen. Eine Schweizer Studie stellte fest, dass 40 Prozent der Unternehmensberichterstattung durch PR-Aktivitäten ausgelöst werden. Und bei 56 Prozent der Unternehmensberichterstattung werde die Deutungsperspektive der Unternehmens-PR unkritisch übernommen. Man wird nicht ganz falsch liegen, wenn man diese Zahlen auf Österreichs Medienlandschaft überträgt. Möglicherweise ist der PR-Anteil in Österreich größer, weil hier bürgerliche Qualitätszeitungen wie die «NZZ» fehlen, die n o c h die journalistischen Kapazitäten hätten, Firmen-PR zu überprüfen. Der Wirtschaftsjournalismus wird seiner Kontrollfunktion nicht gerecht. Die PR-Leute der Firma Rosenbauer haben ihre Sache gut gemacht.

Laut Rosenbauer-PR handelt es sich beim Wasserwerfer um keine Waffe. Kritiker_innen der Wasserwerfereinsätze verweisen auf den 30. September 2010 in Stuttgart, wo die Polizei mit Wasserwerfern mehr als hundert Menschen verletzte, die an einer legalen Versammlung gegen Baumrodungen im Schlossgarten beteiligt waren. Dieser Polizeieinsatz war rechtswidrig, hat vor einigen Tagen das Verwaltungsgericht beschlossen. Geklagt hatten sieben Opfer. Darunter ist der heute nahezu erblindete Dietrich Wagner, der am «Schwarzen Donnerstag» nach heftigen Druckstößen aus einem Wasserwerfer gegen seinen Kopf aus den Augen blutete. Mit der Entscheidung des Gerichts steigen die Chancen der Opfer von damals auf Schadensersatz. Der Chef der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte anlässlich einer Gewerkschaftsveranstaltung in Stuttgart, das Urteil des Verwaltungsgerichtes mache die Polizei schutzlos. Möglicherweise würden keine Wasserwerfer mehr eingesetzt – «aus Furcht, von Verwaltungsrichtern belehrt zu werden». Die Gründungsväter der Gewerkschaftsbewegung drehen sich im Grab um, wenn sie von solchen Positionsveränderungen in Richtung anderes Ufer hören. Aber das ist ein anderes Thema …

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