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Im Süden von Wien, weit draußen zwischen dröhnenden Autobahnen und trostlosen Gewerbeparks, hat eine kleine Ambulanz geöffnet für all jene, die durch das Netz der Gesundheitsversorgung fallen. Bei Amber-Med arbeiten Allgemeinmediziner, Kinderärzte und Gynäkologen, derzeit unentgeltlich. Die PatientInnen werden mehr. Insgesamt sind über 100.000 Menschen in Österreich nicht krankenversichert, das sind fast zwei Prozent der Wohnbevölkerung. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie geringes Einkommen haben. Zwei Drittel befanden sich zum ersten Mal in dieser Situation, immerhin ein Drittel war schon öfters davon betroffen. Für viele ist der mangelnde Krankenversicherungsschutz kurzzeitlich, für manche dauerhaft. Es ist ein Mix aus strukturellen Lücken, sozialen Benachteiligungen, fehlenden persönlichen Ressourcen und mangelnder Information.Da ist Frau Kramer mit prekärer Beschäftigung, da sind Flüchtlinge wie Herr Kamiro, da ist Herr Gubitzer einer schweren psychischen Krise, da ist Herr Spanter als Arbeitssuchender ohne Leistungsanspruch, da sind vormals mit ihrem Ehemann mitversicherte Frauen nach der Scheidung, da sind Hilfesuchende wie Frau Lamprecht, die ihren Sozialhilfeanspruch aus Scham nicht einlösen. JedeR zweite Anspruchberechtigte, beantragt keine Sozialhilfe. Die Gründe sind: Scham, Schikanen am Sozialamt, Angst vor Armutsverfestigung. Wer als Mittelloser aber ohne Sozialhilfe lebt, lebt auch ohne Krankenversicherung. Frau Lamprecht darf nichts passieren, sie kann keine Krankenhausrechnung zahlen. Frau Kramer hat zwar einen Job, davon leben kann sie eigentlich nicht. Mit dem geringen Einkommen kann sie gerade noch die Miete zahlen, die Sozialversicherungsbeiträge hat sie diesmal aufgeschoben, weil eine kaputte Therme repariert werden musste. Arm trotz Arbeit und ohne Versicherung. Als sie überraschend schwer erkrankte, überfielen sie die Behandlungskosten.
Unfassbar Grausames musste Herr Kamiro in seiner Heimat erleben. Zumindest jetzt hier in Sicherheit quälen ihn die Folgen der schweren Traumatisierungen. Hätte eine Hilfsorganisation nicht die Kosten der Therapie übernommen, Herr Kamiro wäre noch immer von Schlafstörungen und Flashbacks geplagt. Herr Gubitzer hat einen depressiven Schub. In solchen Phasen psychischer Krise versagen seine Fähigkeiten zur Selbstorganisation. Er versäumt den Termin am Arbeitsmarktservice und droht aus der Krankenversicherung zu fallen. Herr Spanter sucht Arbeit, hat aber keinen Leistungsanspruch. Es sind nur jene Arbeitslosen krankenversichert, die auch eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung beziehen. Viele Personen erfüllen jedoch nicht die notwendige Wartezeit, die bei erstmaliger Inanspruchnahme notwendig ist. Darunter auch viele Jugendliche, die noch nicht genug Versicherungsmonate haben.
Die Lücken im Netz suchen nach politischen Lösungen. Wirtschafts-, Sozial- und Gesundheitsministerium sollen sich zusammensetzen, die Lücken im Krankenversicherungsschutz auflisten und rasch Lösungsmöglichkeiten vorschlagen. Übrigens, Amber-Med sucht auch: weitere ÄrztInnen für die derzeit so gebrauchte Ambulanz.