Krieg den Palästentun & lassen

Am Schottenring, auf Nummer 18, wird soeben ein Palast für Superreiche errichtet. Der Quadratmeterpreis: 19.000 Euro. Schwerer noch wiegt, dass derartige Luxusprojekte auf den gesamten Immo-Markt abfärben. Von David Hell

Illu: Much

Vor rund vier Jahren übernahm die SRE Schottenring 18 Real Estate das Palais am Schottenring 18 in der Wiener Innenstadt, das einst der Erste Bank gehört hatte. Der Plan der Investor_innen: Aus dem Prunkbau mit den markanten Ecktürmen ein Luxusdomizil neuen Formats zu machen. Der Sanierungsstartschuss fiel im Februar 2017. Auf vier Etagen wurden insgesamt 36 Eigentumswohnungen gestaltet. Die allgemeine Ausstattung dazu stammt vom international renommierten Interieur-Designer Juan Pablo Molyneux. Fußbodenheizung, Dolby Surround System und ein mobiles Touch-Panel im Eingangsbereich zur Steuerung von Licht, Heizung und Kühlung sind standardmäßig eingebaut. Von der Lobby aus kommen die Penthouse-Bewohner_innen direkt mit dem Lift in ihre Wohnungen. Daneben gibt es auch alle erdenklichen und erlesenen Zusatzdienste, die jede_r einzeln zukaufen kann: vom Concierge-Dienst, Babysitting, Wäschereinigung, Butler-Service bis hin zum privaten Sicherheitsdienst. Mit März soll der Palast-Bau komplett fertiggestellt sein.

Kaufpreis: 15 Millionen Euro.

Bis auf zwei Wohnungen sind alle Einheiten verkauft. Die Filetstücke, die vier Penthouses, haben jedenfalls schon neue Eigentümer_innen gefunden. So sehr das Palais nun glänzt, so stark strahlen auch die Preise: ab 15.500 Euro pro Quadratmeter. Im obersten Geschoß sollen gar bis zu 19.000 Euro erzielt worden sein. Die größte Suite hat 781 Quadratmeter – mitsamt einer riesigen Terrasse. Das ergibt, je nach Ausstattung, einen Kaufpreis von rund 15 Millionen Euro. Das investierte Geld will schließlich wieder zurückfließen. Wie hoch der Kaufpreis des gesamten Palais war, lässt sich indirekt über die Bilanz ablesen. In der SRE Schottenring Real Estate GmbH steht unter Sachanlagen der Wert von 73,9 Millionen Euro.

Wer aber kauft sich um derart viel Geld ein Eigenheim? Die betuchten Käufer_innen bleiben natürlich ungenannt. Lediglich ihre Nationalitäten lassen sich eruieren. «Die Hälfte der Wohnungen wurde von Österreichern gekauft, der Rest ging an ausländische Erwerber», sagt Peter Syrch, Geschäftsführer von AD Consult. Die Käufer_innen aus dem Ausland sollen laut Standard unter anderem aus China, Großbritannien, der Schweiz, Deutschland und der Ukraine stammen. Auf einem Transparent vor dem Palais steht: «Ein Hoch den Bauherren». Darunter befindet sich das Logo der Bank of China. Diese wird im gesamten Erdgeschoss ihr neues B2B-Headquarter beziehen.

Eines von vielen Projekten.

Das Luxuswohnungs-Projekt am Schottenring – umgeben vom Hotel Kempinski und der alten Börse – ist nur eines von vielen im ersten Bezirk: Nur einen Steinwurf vom Palais Schottenring entfernt, werden am Börseplatz 1 beispielsweise Wohnungen in der ehemaligen K. u. K. Post und Telegrafen Centrale entstehen. Auch hier gehen die hochwertig sanierten Räumlichkeiten mit deutlich höheren Quadratmeterpreisen in den Verkauf. Und auch in der benachbarten Neutorgasse/Werdertorgasse wurde soeben das Projekt Cotton Residence mit 25 Luxuswohnungen fertiggestellt. Die anscheinend ungebrochene Nachfrage für teure Immobilien zeigt sich auch an dieser Adresse: Nur noch wenige, nämlich genau vier, Wohnungen sind noch zu erstehen.

Das Geschäft ist lukrativ.

Das große Angebot an derartigen Hochpreis-Immobilien ist zwar nur ein kleines Segment. Dennoch färbt es auf den ganzen Wohnungsmarkt ab. Zinshäuser in Luxusdomizile zu verwandeln, könnte weitere Nachahmer_innen finden. Denn das Geschäft ist lukrativ. Das wiederum lockt Investor_innen aus allen Ländern an. Denn im Gegensatz zu anderen europäischen Großstädten ist Wohnraum in Wien immer noch vergleichsweise billig. Aber das ändert sich rasant, denn in den vergangenen Jahren sind sowohl Mieten als auch Eigentumspreise kontinuierlich angestiegen. Im Vergleich zu 2005 sind die Neumieten österreichweit um knapp 44 Prozent gestiegen. Und in der Wiener Innenstadt kosten Eigentumswohnungen mittlerweile rund 12.000 bis 14.000 Euro pro Quadratmeter. Im billigsten Bezirk (Simmering) berappt man laut Statistik Austria im Durchschnitt immerhin auch schon rund 3.000 Euro pro Quadratmeter für ein Wohnungseigentum.

Spielbälle von Spekulant_innen.

Da das Mietrechtsgesetz, das für sogenannte Altbauten – Häuser, die vor 1945 errichtet wurden – die Mieten vergleichsweise gut reguliert, ist die Vermietung – zumindest dort, wo es keinen Lagezuschlag gibt – höchstens als Anlage-, nicht aber als Investitionsfeld interessant. Wer auf den sogenannten «Return on Investment» aus ist, vermietet daher nicht mehr. Stattdessen wird aufwändig saniert und dann teuer verkauft. Denn da gibt es keine Obergrenzen. Damit fallen aber gleich zwei Punkte ins Gewicht: Zum einen werden die rund 14.000 Zinshäuser in Wien immer mehr zu Spielbällen von Spekulant_innen. Und zum anderen färbt dieses Spiel auf den gesamten Markt ab. Mietflächen werden weniger, damit steigt auch der Preis. Hinzu kommt, dass die Wohnungen im Luxusbereich im Durchschnitt größer sind als normale Wohneinheiten. Zu spüren bekommen das dann die, die jetzt schon wenig Spielraum mit ihren finanziellen Mitteln haben. Der Anteil der Wohnungskosten von 60 Prozent und mehr vom frei verfügbaren Einkommen sind keine Seltenheit mehr.

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