Raiffeisen: Schwulen-Diskriminierung als Bilanzplus
Eine Raiffeisenpensionskasse versucht Kunden, die in eingetragener Partnerschaft leben, Ansprüche aus Vorsorgepolizzen zu schmälern. Der OGH bremst die Giebelkreuzler. Einfach ein Versuch zur Dividendensteigerung oder prinzipieller Kulturkampf der Mariazellwallfahrer?
Es ist erst wenige Wochen her, da versuchte die ÖVP, Österreichs Wähler_innen einen Kanditaten besonders schmackhaft zu machen, und bat darum, den Herrn als Abgeordneten ins Parlament zu wählen: Andreas Zakostelsky, im Zivilberuf Vorstandsvorsitzender der Valida Holding AG, sollte als «Pensionsexperte» für die Kompetenz jener Partei stehen, die während der wenig ruhmesreichen Zeit unter Schwarz-Blau private Pensionsvorsorge als sozialpolitischen Meilenstein feierte. Zu feiern galt es unter anderem die Möglichkeit des Sprudelns der Dividenden aus Pensionskassen. Um das Sprudeln aufrechtzuerhalten, wird gezielt nach Sparmöglichkeiten bei den Ausschüttungen Ausschau gehalten: In eingetragener Partnerschaft lebende Kund_innen sind zwar als Prämienzahler_innen willkommen, sollten jedoch – gerechtfertigte – Ansprüche erhoben werden, dann sollen Argumente der Preisklasse Kulturkampf mithelfen, die Bilanz des Unternehmens hübsch zu halten. Tenor: Verpartnert sei nicht verheiratet.
Andreas Zakostelsky ist neben seiner Abgeordnetentätigkeit Vorstandsvorsitzender der Valida Holding AG. Die Aktionäre der Gesellschaft: Raiffeisenzentralbank, 24,7 %; Uniqa Versicherungs AG, 40,1 %; diverse Raiffeisenlandesbanken 28,2 %; sowie 4 weitere Aktionäre aus dem Raiffeisenbereich, darunter das katholische Bankhaus Schellhammer und Schattera. Die Valida ist eine der bedeutendsten österreichischen privaten Pensionskassen mit etlichen staatsnahen Unternehmen wie dem ORF in der Kundenliste. Zwar anderes Thema, aber der guten Ordnung halber: Im Parlament hat Andreas Zakostelsky über Gesetzesvorhaben – beispielsweise aus dem Bankenbereich – abzustimmen, die unmittelbar seinen Aufsichtsratchef RZB-Generaldirektor Walter Rothensteiner betreffen.
Die Valida ist als Aktiengesellschaft organisiert. Das bedeutet, alle ihre Organe, der Vorstand, der Aufsichtsrat etc., sind dem Aktienrecht verpflichtet. Und im Aktienrecht ist klar festgelegt, wessen Interessen Priorität haben: die der Aktionäre – Liste siehe oben.
Eine der Kundengruppen der Valida AG sind derzeitige und ehemalige Mitarbeiter_innen der Austria Tabak. Ein Pensionist der ehemaligen Tabakregie hat sich mit seinem Lebensgefährten verpartnert und sich somit zur gegenseitigen Unterhaltsleistung verpflichtet. Er wollte im Ablebensfall für seinen Lebensgefährten vorsorgen und Unterhaltszahlungen für ihn nach seinem Tod sicherstellen. So erkundigte er sich nach etwaigen Ansprüchen für seinen Lebensgefährten und musste zur Kenntnis nehmen, dass die Valida erklärte, eine Hinterbliebenenpension stünde nur dem überlebenden Teil eines Ehepaares zu. Diskriminierung pur, noch dazu günstig für die Bilanz der Pensionskassa.
Der Wiener Rechtsanwalt Helmut Graupner vertrat den Pensionskassenkunden, und der Rechtsstreit ging bis zum Obersten Gerichtshof. Mit einem Urteil (Aktenzeichen 7 Ra 33/13v) stoppte der Oberste Gerichtshof das Ansinnen der Raiffeisenpensionskassa, dem Kunden Leistungen zu verweigern.
Aus dem Urteil: «Die Valida teilte dem Kläger … mit, dass nach der für ihn geltenden Betriebsvereinbarung eingetragene Partner keinen Anspruch auf Hinterbliebenenpension haben. … Der Kläger und sein Partner würden dadurch gegenüber verschiedengeschlechtlichen Ehepaaren, bei denen die Leistung zuerkannt wurde, unter Verletzung des Unionsrechts und des innerstaatlichen Rechts (besonders des Gleichheitsgrundsatzes) wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert.»
Das Gericht stellte klar, in Sachen Pensionszahlungen verpartnerten Kunden Leistungen vorzuenthalten, widerspräche sowohl europäischem als auch österreichischem Recht. Die Kunden seien also gegen Diskriminierung zu schützen.
Für die Valida Holding AG ist die gesamte Angelegenheit keine besondere Reklame. Jetzt muss sie sich den Vorwurf gefallen lassen, sie habe versucht, die gerechtfertigten Ansprüche eines Kunden zu reduzieren, und sie stellt sich mit dem Argument «Verpartnert ist nicht verheiratet, also auf zur Diskriminierung» in ein besonders dunkles Eck.