Musikarbeiter unterwegs … in Favoriten nach Mexiko und weiter
Das Sextett Psikotrópikos wird beim Augustin-Fest in der Arena die Menschen zum Tanzen bringen. 2014 entstanden, arbeiten sie zudem am ersten Album.
TEXT: RAINER KRISPEL
FOTO: MARIO LANG
Nach der Begegnung mit der Band sind die Musikarbeiter so gut drauf, dass uns nicht einmal die Autofahrer_innen-Geschissenheit (drehen Menschen an Lenkrädern gerade völlig durch?) beim Überqueren der Laxenburger Straße etwas anhaben kann. In ihrem Proberaum in Favoriten erzählten uns Psikotrópikos vor dem Proben ihre Geschichte, die vor 7 Jahren als Duo mit Gabino («Mr. Psikotrópiko»: Stimme, Gitarre) und Kento (Flöte, Stimme) begann. Gespielt wurde (auch) auf der Straße, bei Festen und überall, wo es sich anbot. Das Material speiste sich anfangs aus Klassikern des Kumbia (oder Cumbia). Kumbia, wie ihn Psikotrópikos schreiben, ist ein Musikgenre, dessen Ursprünge sich 1940 in Kolumbien finden lassen. Eine lebendige, dynamische Folkmusik, die durch ihre grundsätzliche Tanzbarkeit (mit-)definiert ist, weiters so breit und lebendig wie Jazz oder Blues: auslegbar, interpretierbar, erweiterbar – was das Sextett lustvoll und mit eigenem Spirit tut.
ritmo sensacional.
Zum Sextett wurden Psikotrópikos über Jahre, als sie sich vom Projekt zur Band entwickelten. Rolo spielt Bass und singt, Moritz ist am Akkordeon, Wolf an der E-Gitarre, und Janiel ist an den Drums zentraler Rhythmus-Beauftragter. Mit der Zeit kamen mehr und mehr eigene Songs, von Gabino geschrieben, der aus Mexiko stammt, ins Repertoire, mit Titeln wie Andina, Kumbia Pasareja oder Kumbia Poder (Kumbia Power). Gabino benennt darin (auch) unerträgliche Zustände und setzt sich mit gesellschaftlichen und aktuellen Schieflagen auseinander. Dabei bleibt aber immer das überbordend Lebensbejahende im Vordergrund, eine Musik, ideal, um in ihrem Groove den Moment, die Momente maximal zu genießen, aus dem Jammertal herauszutanzen und mit der so gewonnenen Perspektive und Kraft dieses zu verändern zu beginnen (versuchen). Kumbia Pasareja: «Mira que el día va a comenzar, Kumbia Pasajera comienza a sonar … Con este ritmo sensacional, mira que la cosa se va a poner buena! Y aunque la cosa vaya muy mal … Ay! Por este mundo vamos a disfrutar!» In der Übersetzung der Band: «Schau mal, der Tag beginnt gleich. Kumbia Pasajera beginnt zu spielen! Du wirst sehen, mit diesem sensationellen Rhythmus, dass es gut wird! Und selbst wenn es sehr schlecht läuft, ach!, auf dieser Welt werden wir es genießen!»
me pongo a bailar.
Über die Definition ihres Sounds, «Punk mit karibischen Einflüssen», lachen wir herzlich, Gabino spricht von «mixed with a little punk». Alle Musiker bringen ihre Einflüsse ein, die auf der Basis Kumbia den Sound von Psikotrópikos eigenständig und unverkennbar machen. Live mischen sie ihre 11, 12 eigenen Songs gerne mit ihren Interpretationen von Genre-Klassikern – «we like to have fun!» Weil diese ihr Publikum «back to Latin America» mitnehmen, oder «back to an age when they were younger». Mit den Jahren hat sich die Band eine kleine Fan-Base erspielt, Freund_innen, die das Tun der Band verfolgen und unterstützen. Nicht nur diese dürfen sich auf das für 2022 geplante Album freuen. Das «natürliche High», das ihre Musik auslöst, korrespondiert mit dem Bandnamen Psikotrópikos, den Gabino als «Medizin» übersetzt. Dann erzählt er davon, wie es in Mexiko Teil der Alltagskultur ist, sich mit natürlichen Mitteln das Bewusstsein zu erweitern. Was ja so vielen Menschen in diesem Land und in dieser Stadt gewiss nicht schaden würde! Parteigänger_innen weiß-österreichischer Mono-
Kanon-Kultur wäre für den Anfang zum Beispiel eine Begegnung mit Psikotrópikos und ihrer Musik angeraten. Grundsätzlich könnte mensch dazu auch im Dirndl und in Lederhosen abgehen, sofern die eben keine Rüstungen eingefrorener Weltsichten sind. Kento spricht in ihrem Proberaum ganz selbstverständlich und selbstbewusst von einer multikulturellen Band, die in einem eben doch real existierenden multikulturellen Wien wertschätzende Wahrnehmung und Unterstützung erfährt. Spätestens da taucht aus dem Musikwissens-
Fundus des Text-Musikarbeiters auf, dass Joe Strummer komplett auf Kumbia abgefahren ist, bei DJ-Sets fast nur mehr diese Musik auflegte, was das Problem erzeugte, dass er gleichzeitig inmitten der Menschen dazu tanzen wollte. Seien wir wie Joe und shaken unsere open minds & asses mit und zu Psikotrópikos!
www.psikotropikos.com
Live: Augustin «25+1» Fest 18. September, Arena