Sachbuch: Die stille Gewalt
Die deutsche Familienanwältin Asha Hedayati erzählt in fünf Kapiteln aus ihrem Beratungsalltag mit gewaltbetroffenen Frauen. Zunächst analysiert sie die Situation ihrer Klientinnen, skizziert Macht- und Gewaltstrukturen und benennt die Mitverantwortung staatlicher Institutionen, die die Ehe schützen, jedoch nicht die Personen, die sie eingehen. Augenfällig sind Parallelen zwischen Deutschland und Österreich: Jede dritte Frau ab dem 15. Lebensjahr ist von Gewalt betroffen. In der Trennungsphase sind Frauen einem Wohnungsmarkt mit horrenden Mietpreisen ausgeliefert. Die Übersiedlung in kleine Wohnungen verunmöglicht ihnen das weitere Zusammenleben mit ihren Kindern, sodass Richter:innen deren Verbleib beim Kindesvater empfehlen.
Hedayati kritisiert die fehlende Umsetzung von Geschlechtergleichheit im Alltag: Strukturelle Ungleichheit zeigt sich in Care-Arbeit sowie in ungleicher Entlohnung, spiegelt sich zudem in patriarchalen Haltungen. Umfrageergebnisse von Plan International ergaben, dass junge Männer in Deutschland Gewalt gegen Frauen «okay finden».
Die Autorin plädiert für «eine Gesellschaft, die weniger traumatisch ist». Ein hochaktuelles Sachbuch, das Lesepausen und ein Umdenken im Miteinander einfordert.
Asha Hedayati: Die stille Gewalt. Wie der Staat Frauen alleinlässt.
Rowohlt 2023
192 Seiten, 19 Euro