Den Horizont erweitern

Augustinerin Natasha Towin

Es hat nicht mit dem Verkauf und Geldnot zu tun gehabt, dass ich zum Augustin kam, sondern mit Artikeln, die ich unterbringen wollte. Ich schreibe gerne. Ich hab auch was zu sagen. Und weil das vielleicht nicht nur für mich selber interessant ist – zur Klärung der Gedanken oder auch Gefühle –, hab ich auch versucht, es in die Öffentlichkeit zu bringen, und das ist mir immer wieder sehr gut gelungen beim Augustin.

Foto: Mario Lang

In meiner Jugend war ich per Autostopp unterwegs. Weil es mich interessiert hat. Ich hab ja wegen meines Interesses für andere Länder, andere Sitten, andere Gegebenheiten eine Lehre in einem Reisebüro angepeilt. Ich hab die Gehilfinnen-Prüfung gemacht und in Reisebüros gearbeitet. Ich hab Schi-Express organisiert und alles Mögliche. Innerhalb Europas fehlen mir zwei Länder, wo ich noch nicht war. Das eine ist der Vatikanstaat und das andere ist Portugal. Außerhalb Europas war ich in Israel und auf Jamaica. Ich war nicht weiter in südlichen Gefilden. Südamerika würde mich fürchterlich interessieren, aber da fahre ich einfach nicht hin, bevor ich nicht Spanisch kann. Eine Kommunikation mit den Einheimischen muss drin sein. Damals als ich als Au-pair-Mädchen nach Frankreich gegangen bin, hab ich das gemacht, um Französisch zu lernen. Reisen, Erfahrungen machen, den Horizont erweitern, denn mit dem, was mir hier geboten wurde, wäre ich eingegangen.

Mit dem, was mir hier geboten wurde, wäre ich eingegangen

Mir fehlt die Bindung ans Lokale. Keine Familie. Ich bin keine Wienerin, obwohl im AKH geboren. Von der Kultur her habe ich das überhaupt nicht mitgekriegt. Meine biologische Mutter hat mich gleich nach der Geburt weggegeben. Das mit den Pflegeeltern hat aber nicht geklappt, als ich fünf Jahre alt war, kam ich in ein Waisenheim. Danach gab es Adoptiveltern.

Ich habe geforscht, ob mein lebenslanger Mangel an Familie jetzt als älteres Semester nicht doch zu stillen wäre. Und bin draufgekommen, dass ja. Als Delphintrainerin. In dieser Funktion wären alle meine Probleme behoben, auch sogar meine optische Behinderung. Unter Wasser gelten andere Bedingungen. Diese Delphinschule, der ich beim Delphintraining begegnet bin, hat mich binnen drei Tagen adoptiert. Aber mit dieser Sehnsucht bin ich in Österreich und Wien wohl gestrandet. Genau deshalb aber bin ich außer kritisch nur kritisch unterwegs. Das Recht auf Familie hat doch jeder, oder?

Einmal hat mich ein Mädl angehaut: Du glaubst doch nicht, dass du was Besonderes bist. Und ich hab darauf geantwortet: Ich für mich bin in jedem Fall was Besonderes. Und irgendwie anders sind wir sowieso alle. Das ist meine Grundhaltung.

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