Augustin-Liebhaberin Veronika Berger
Im Augustin ist viel zu finden, was ich in den Unterricht einbauen kann, zum Beispiel über den Paragrafen zum «Unbegründeten Stehenbleiben», der vorgeschoben wird, um gegen sozusagen ungeliebtes Volk wie Bettler oder Straßenzeitungskolporteure vorgehen zu können. Oder das Interview mit der Bürgermeisterin von Lampedusa.
Foto: Mehmet Emir
Darüber wurde heiß diskutiert. Aber die Schüler und Schülerinnen finden auch nicht alles gut, was sie im Augustin lesen.
Mit der Zeit ist der Augustin viel besser geworden. Früher war er manchmal lieb, gut gemeint. Ich habe ihn daher oft nur durchgeblättert. Jetzt vermittelt er handfestes politisches Hintergrundwissen und ist gut geschrieben. Mir fällt auch auf, dass die Jungen die Ideen der Gründungsväter und -mütter übernommen haben und weiterentwickeln, aber politisch der Linie treu bleiben – das ist etwas Außergewöhnliches. Die Blattlinie hätte beispielweise mehr grün-ökö werden können, wurde sie aber nicht.
Der Augustin bietet auch die Möglichkeit, sich mit den Verkäufern auseinanderzusetzen, also mit jemandem, den du regelmäßig auf der Straße siehst, der aber ein völlig anderes Leben führt als du selber, wie zum Beispiel mein Stammverkäufer, der Angst hatte, abgeschoben zu werden.
Ich bin «Augustin-Liebhaberin» geworden, weil ich es schade gefunden hätte, wenn ihr euch hättet einschränken müssen, wenn ihr euch nur noch ein dünnes Blatt hättet leisten können. Der Augustin ist ein Stadtblatt, das hierher gehört, das muss einfach sein, und wenn es dadurch ermöglicht werden kann, dass ein paar Leute dafür ein bisschen spenden, finde ich das gut. Es ist auch eine Frage der Solidargemeinschaft.
Ich habe fürs Mosambik-Komitee gearbeitet und dabei eine Schulpartnerschaft zwischen einer mosambikanischen Schule und meiner geleitet, wo Schüler, Eltern und Lehrer gleichermaßen engagiert gewesen sind. Diese Zeiten sind aber vorbei, weil sich der Schulbetrieb verändert hat: Man kann so etwas nicht mehr leicht nebenbei machen.
Manchmal bin ich etwas sauer, wie im Augustin über Schule geschrieben wird – diese anarchistische Sicht. Es tragen nämlich unglaublich viele Leute unglaublich viel Gutes dazu bei, damit sich Jugendliche in der Schule halbwegs wohl fühlen können.