Roman
Rosa Liksom konfrontiert die Leser_innen in Die Frau des Obersts mit einer fürchterlichen Mann-Frau-Beziehung, gleichzeitig behandelt sie die NS-Zeit in Finnland, das mit Deutschland kooperierte, was nach dem Ende des 2. Weltkriegs lange Zeit heruntergespielt wurde. Der Oberst und seine Frau haben zwar ein reales Vorbild, es geht im Buch aber nicht um individuelle Biografien. Die Autorin lässt ihre weibliche Hauptfigur, eine Finnin und Anhängerin der NS-Ideologie, in der Ich-Form unbeschönigt und subjektiv ihr Leben erzählen. Im Mittelpunkt steht dabei ihre Liebe zu einem viel älteren Mann – dem Oberst, gutaussehend, selbstbewusst, sexuell überaus potent, aber sadistisch und grausam, überdies ein glühender Nazi. Die Frau erfährt verbale Demütigungen und körperliche Gewalt. Spät emanzipiert sie sich von ihm. Die fiktive, nichtsdestoweniger realistisch wirkende Figur der Erzählerin bietet kaum Identifikationsfläche, sie wirbt nicht um Sympathie, entschuldigt ihr Tun nicht, will kein Mitleid. Liksom macht es ihren Leser_innen nicht leicht, sie liefert keine einfachen Begründungen, stellt ihre Charaktere als vielschichtige Figuren dar. Das Warum ergibt sich zwischen den Zeilen.