Lieder der LiebeArtistin

Musikarbeiter unterwegs … Rossauer Lände, Rumänien, mit den Troubadouren

Romance von Diana Rasina ist ein ganz wunderbares Album. Die Musikerin ergründet Ideen von «Romantik» und bietet einnehmende Adaptionen der reichen Liebeslieder-Literatur romanischer Sprachen.

Text: Rainer Krispel
Foto: Mario Lang

«Alles, was ich mache, mache ich, um die Welt zu verstehen, in der ich lebe. Ich wollte mich mit dem Begriff der Liebe beschäftigen und wie sich Liebe über Literatur und Musik tradiert hat, wie sich Konzepte der Liebe entwickelt haben. Im Mittelalter hatte die Liebe einen ganz anderen Stellenwert als heute, dabei sind viele Ideen noch vorhanden – die französischen Troubadoure schwärmten für adelige Frauen, die für sie unerreichbar waren.» Erzählt Diana Rasina, aus Rumänien stammende Künstlerin, über Grundlagen und An­sätze ihres Albums Romance, 2020 fertiggestellt, Nachfolger der 2015 erschienenen Romanian Tales. Nach einem ersten längeren Aufenthalt Mitte der 1990er mit ihrer Mutter lebt und ar­beitet Rasina seit 2004 ständig in Wien, erleichtert durch die seit 2007 bestehende EU-Mitgliedschaft ihres Geburts­landes. Mit Corona erlange sie in einem siebenmonatigen Prozess einen Daueraufenthaltstitel für EU-Bürger_innen. Ein Stück Sicherheit in unsicheren Zeiten. Um der Zufriedenheit der lieben Familie willen wurde Romanistik studiert, von Oper und Klassik in Rumänien orientierte sich Diana Rasina in der musikalischen Ausbildung in Wien hin zu Jazz und Popularmusik, dazu die Voraussetzungen, Gesang zu unterrichten. Womit sie samt ihrer eigenen musikalischen Tätigkeit und Chorleitung ihr Geld derzeit, wenn überhaupt, unter erschwerten Bedingungen verdient. Um unser Gespräch herum wird der konzertante CD-Präsentationstermin im April abgesagt und hoffnungsfroh in den Juni geschoben. «Als Sängerin übe ich ein- oder zweimal die Woche, auch um mich daran zu erinnern, dass ich ja eigentlich Musik mache, sonst würde ich vielleicht in eine Depression verfallen.»

Furtunatu.

Das fertige Album Romance, eingespielt mit Akkordeonist Miroslav Jankech und Gitarrist Alex Kohtaro Yoshii, ist ein wunderbares Anti­-Depressivum, eine so selbstverständlich wie vielfältig dahinfließende Musik. Eine intensive, lohnende, weit reichende, einstündige Klangreise, die dabei eine ganze Reihe romanischer Sprachen zum Klingen bringt, mit dabei Minderheiten­sprachen oder Regionalsprachen, wie das Katalanische. Rasina datiert bei unserem Austausch auf der Foto-wird-Interview-Location Rossauer Lände bei Noch-nicht-ganz-Frühlingsbedingungen die ursprüngliche Idee zum Album auf 2013. Sie spürte bei der Recherche weit mehr Material auf, als schließlich zu verwenden war. Sie versuchte in ihren Arrangements – erfolgreich! – jeden Kitsch oder Schnulzigkeit zu vermeiden. Die Auswahl der Lieder erfolgte, bei allem Wissen zum grundsätzlichen Inhalt und dessen nahezu unendlichen Implikationen, vorrangig nach musikalischen Kriterien. «Zuerst musste mir die Melodie gefallen, dann ging es um die Frage, was vermittelt sie mir?» Dazu sind die 15 Lieder von Romance keine wissenschaftliche Arbeit, obwohl im Bewusstsein gesungen, dass eine der bekanntesten Liebesgeschichten ever, Shakespeares Romeo & Julia, eine tragische ist. Und dass sich die Frage «Inwieweit ist Liebe ein Gefühl, inwiefern ein Konstrukt?» nie erschöpfend oder allgemeingültig beantworten lässt. Rasina schrieb in ihrem Studium über Houellebecqs Ausweitung der Kampfzone: «Der Wirtschaftsliberalismus prägt auch unsere Liebesbeziehungen, Partnersuche als Angebot und Nachfrage, es geht nicht vorrangig ums Begehren, wichtiger ist die Selbstdarstellung, Sex zu haben, Punkte zu sammeln, die Eroberung.»

Jeu Sun D´amur Surprida.

«Die meisten Lieder, die ich gefunden habe, handeln von unglücklicher Liebe», bestätigt Rosina ein grundlegendes Gefühl von Wehmut, das Romance durchzieht. Wobei schon die so hohe wie subtile Kunst der Instrumentalisten und Sängerin selbst eine Perspektive weist. Das Benennen, Bespielen und Besingen, die Auseinandersetzung – in vielen Ländern, Epochen und Sprachen – als Verbündete, Begleiter, um das «Drama» (oder weniger pathetisch: die Frage) Liebe für eine_n selbst zu lösen und zu leben. Dabei sind wir und waren wir nicht und nie alleine, davon singt Diana Rasina mit diesen wunder­schönen Liedern auch. «Es gibt sie schon, die glückliche Liebe, und danach streben wir doch alle.»

Diana Rasina: Romance
(Diana Rasina/Bayla Records)
dianarasina.com

Live am 11. Juni
RadioCafe, 4.
Argentinierstraße 30a