Live aus dem Palmhofvorstadt

Ausstellung: Tanzcafé in Wien XV

In dem großen Eckhaus in der äußeren Mariahilfer Straße, in dem heute ein Penny-Markt eingemietet ist, gastierten vor hundert Jahren französische Jazzbands; im Radio wurden Live-Übertragungen aus dem «Konzertcafé» gesendet, man lud zu Piratenpartys und anderen Motto-Abenden ein. Außerdem gab es eine Stellage voll internationaler Zeitungen, was Otto Pollak – zitiert nach seiner Tochter Helga – in die altbekannte Misere des Cafe­tiers brachte: «Die Leute kommen auf einen Mokka und sitzen den ganzen Vormittag, und ich muss so teure Zeitungen kaufen, das amortisiert sich nie.»
Wie die Rüdigergasse den Rüdigerhof und die Bräunerstraße den Bräunerhof, hatte die Palmgasse anno dazumal den Palmhof. Wobei anno dazumal in diesem Fall bis 1941 reicht, dem Jahr, in dem das Rudolfsheimer Tanzcafé seinen Besitzern gestohlen und «arisiert» wurde. Die Brüder Otto und Karl Pollak – seit 1919 Betreiber des Café
Palmhof – wurden nach Theresienstadt verschleppt. 1943 ermordeten die Nazis Karl Pollak im Konzentrationslager Auschwitz; Otto überlebte gemeinsam mit seiner Tochter Helga. Das Café, das in den 1950er-Jahren restituiert wurde, hat er nicht mehr weitergeführt. Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Wien, kuratiert von Theresa Eckstein und Janine Zettl, erzählt nun die Geschichte dieses Vorstadtetablissements: Wir bitten zum Tanz. Der Wiener Cafetier Otto Pollak. Otto Pollaks Lebensgeschichte wird hier als Beispiel für einen erzählt, der Wiens Vorstadt das Glitzern lehrte. Ohne Nostalgie, aber mit der gebührenden Trauer über derlei unwiederbringliche Verluste.

Wir bitten zum Tanz. Der Wiener Cafetier Otto Pollak
22. Jänner – 1. Juni
1., Dorotheergasse 11
jmw.at

Helga Pollak im Gespräch:
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