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«Ich hab keinen Lehrabschluss, mein Leben ist sowieso gelaufen.» Dieser Satz eines 16-Jährigen war es, der die Leute aus dem Jugendzentrum in Dornbirn veranlasste, etwas zu unternehmen. Die offene Jugendarbeit machte das, was in ihrem Namen steht, sie öffnete sich. Auch für Bildung und Ausbildung. Seither gibt es Hauptschulabschlusskurse «auf der Straße» und Hilfe bei der Lehre. Fast 100.000 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren haben keinen weiteren Abschluss über die Schulpflicht hinaus. 10.000 verlassen überhaupt vorzeitig die Schule. Schulabbrecher, oder Drop-outs, haben es superschwer, now and ever.
Das Projekt «cmon 14» oder «move on» in Wien geht in die Schulen und bietet Hilfe an, wenn es nicht mehr geht. Das wird gut angenommen, wie man hört.In Oberösterreich begleitet die Schulassistenz in 237 Schulen einzelne Kinder und Jugendliche im Alltag. Hilft beim Lernen, ist offenes Ohr bei Problemen und gibt Halt, wo sonst keiner wäre. Die Dornbirner offene Jugendarbeit, die Schulsozialarbeit in Wien oder die Schulassistenz in Oberösterreich sind gute Beispiele für niederschwellige Angebote, also Unterstützung ohne Hürden, lebensnah, flexibel, unbürokratisch. Beispiel heißt aber auch, dass es das nur bruchstückhaft gibt. Es bräuchte aber einen flächendeckenden Ausbau von schulunterstützender Sozialarbeit wie auch den Ausbau an den Schnittstellen zwischen Schule und offener Jugendarbeit. Da geht es auch darum, junge Leute, die als «verloren» geglaubt werden, Zukunft zu geben. Mancherorts passiert ja genau das Gegenteil, z. B. in Kärnten, wo massiv zusammengestrichen wird.
Im alltäglichen Gebrauch des Begriffs «Drop-out» für Schulabbrecher_innen schwingt eine ungerechterweise negative Bedeutung mit, die sich nur gegen die Jugendlichen wendet, sagt Erna Nairz-Wirth von der Wirtschaftsuniversität Wien. Neuere Forschungen zum Schulabbruch zeigen, so die Ökonomin, dass der Ort des Scheiterns auch die Schule selbst ist. Nairz-Wirth unterscheidet drei Felder: den schulinternen Bereich, den Bereich außerhalb der Schule und das systemische Feld dazwischen. Risikofaktoren schulintern sind zu große Lerngruppen, mangelnde pädagogische Kooperation oder nicht vorhandenes Mentoring. Systemisch steigt das Risiko mit nichtvorhandenen ganztägigen Schulformen, dem System des Sitzenbleibens oder mangelnder vorschulischer Angebote. Und außerschulisch läuft es falsch, wenn es keine Elternarbeit gibt, keine Öffnung zur Schulumgebung, zum Stadtteil oder keine Kooperation mit der offenen Jugendarbeit.
Eine verlorene Generation komme da, hört man schicksalsergeben die Finanzministerin im Radio jammern. Niemand ist so einfach verloren. Man kann viel tun. Die Finanzminister_innen Europas könnten Maßnahmen dagegen planen, statt die Kosten der Finanzkrise aus den Sozialbudgets zu pressen: zu Gunsten der Krisenakteure im Finanzsektor, zur Lasten einer ganzen Generation. Der Kampf um die Verteilung der Krisenkosten ist noch nicht gelaufen. Und mit 16 Jahren das Leben auch nicht wirklich nicht.