Love & SingArtistin

Musikarbeiter unterwegs ... Madrid, Linz, Washington DC, Wien 20 …

Mit ihrem Singer/Songwriter-Circus schafft sie Aufmerksamkeit für andere Musiker_innen. Ihr Solo-Debüt «Here Comes Everything» besticht mit tollen Songs: Clara Blume.

Foto: Mario Lang

Ja, sie heißt wirklich so. «Als Künstlername wäre das doch eher daneben», merkt das in den 80ern geborene «Kind der 90er» an und hängt im Gespräch noch Benjamin Blümchen in die Assoziationskette. Dessen Niedlichkeitsfaktor verträgt sich mit Claras Musik nun tatsächlich nur sehr bedingt. «Internationaler Pop mit Anspruch» definiert die Musikerin diese trocken und auf den Punkt. Was mit der schwierigste Zugang ist, um in diesem Land mit dem A Radioplay zu bekommen. Was wiederum die Bookingsituation entspannen oder wenigstens erleichtern würde. FM4 hört, zumal nach Blumes Teilnahme an der Qualifikation für den heurigen Eurovision Song Contest (wir erinnern uns – eine Salzburger Kombo verbrannte neben einem Klavier ihre «Karriere», gewonnen hat ein Animationskurzfilm mit Musik) in den 10 Songs ihres Albums «Mainstream». Und der Mainstream, respektive dessen angestammter Sender? «Ö3 sagt die absurdesten Dinge», kommentiert Clara lapidar. Wobei sie, anstatt sich zu ärgern, das auch geäußerte und zumindest irgendwie nachvollziehbare Urteil «zu sophisticated» als «Ritterschlag» nimmt. Ein wahres Sittenbild des Grauens tut sich auf, als sie vom Vertragsgebaren des ORF redet. Was wiederum unterstreicht, dass die Quotenforderung eine reine, viel zu kurz gedachte und greifende Augenauswischerei ist. Doch an diesem sommerlichen Freitag-Abend sind wir nicht zum Sudern zusammengekommen und unserer Gesprächspartnerin scheint diese Kulturtechnik ohnehin wesensfremd zu sein. Clara Blume ist gerade zurück von einem Trip nach Madrid – ihre Familie hat Wurzeln in den Niederlanden und Spanien –, wo sie auch fünf Jahre gelebt und angewandte Kunst studiert hat. Dass es dort im Umfeld ihrer musikalischen Freunde und Freundinnen mitunter schon etwas eng wird, überrascht im dauerkrisengeschüttelten Europa der Merkel Kapital Union wenig.

Love & Starve

In der holländischen Familie ihres Vaters gab es einige Pianisten, Clara begann das Instrument, auf dem sie ihre Songs komponiert, mit 6 zu lernen. Aus praktischen Gründen wär ihr heute zwar die Gitarre lieber, weil damit das Mitnehmen des angestammten Instruments leichter wäre. Sie erzählt von einem Konzert in Madrid, wo ihr ein Casio gestellt wurde und ihr beim Spielen eine ganze Tonleiter fehlte … Spannend, was die Musikerin in den USA vorfinden wird, wo sie bald einige Low-Key-Gigs spielen wird, unter anderem in Washington D. C. Im Land der Freien ist dabei «pay to play» längst an der Tagesordnung. Wobei, beim Präsentationskonzert ihres im Mai bei Earcandy erschienen Albums ging Clara Blume selbst ins Risiko, was dank 400 zahlenden Besucher_innen gut ausgegangen ist. «Ich hab lang geglaubt, da kommen nur meine Eltern.» Zählt ihre reguläre Liveband neben Clara selbst fünf Musiker (darunter ihren Bruder Georg, der die Songs seiner Schwester auf CD arrangiert und produziert hat), wurde die Opulenz des Albums (am Booklet finden sich die über 20 Musiker_innen angeführt …) an diesem speziellen Abend im WUK vielköpfig auf die Bühne gebracht. Eine Opulenz, die den großen Gefühlen und starken Bildern der Lieder von Clara Blume gut steht. Sie hat keine Angst davor, ihre Zuhörer_innen in den Emotionen abzuholen («here I stand/ten years later/twenty lovers later», singt sie in «One constant thought»). Musikalisch sozialisiert mit Kurt Cobain – «mit 14, 15 der Nirvana-Flash», waren Clara daneben die Red Hot Chili Peppers nahe, ein Soloalbum von dessen Gitarristen John Frusciante ein Meilenstein des eigenen Musikverständnisses. Dabei sieht sie sich trotz Jahren in einer spanischen Indie-Rockband («nicht weit weg von Arcade Fire») klar als Singer/Songwriterin. «Niemand ist cooler als Nick Cave oder Bob Dylan.» Dabei kommen ihre Songs wie «Love & Starve» mit einer definitiv literarischen und atmosphärischen Autorität daher und spielen nicht zuletzt im Balladenfach meisterlich mit bewusst gesetztem Pathos. Zurück in Wien nach den Jahren in Madrid stellte Clara den Singer/Songwriter-Circus auf die Beine, dockte so an die zu boomen beginnende Wiener Musikszene an. Gerade war dieser Circus beim Linzfest, nächstes Jahr geht’s – hoffentlich! – «in die Bundesländer». Vielleicht und ebenso hoffentlich auch mit der eigenen Musik. Jetzt, wo das jahrelange Projekt Solo-Album abgeschlossen ist, beginnt sie – neben der Arbeit an der Dissertation ihres Literaturstudiums zum Spanischen Bürgerkrieg – über ein zweites Album nachzudenken. Schließt nicht aus, dass es «mehr aus einem Guss» wird, oder neben dem Englisch und Spanisch des Debüts dann deutsch Gesungenes Platz findet. So gesehen ein Glück, dass Clara Blume mit ihrem Debüt doch noch nicht «everything» gesagt oder gesungen hat.

Clara Blume: «Here Comes Everything», (Earcandy)

Live: 24. 7., Summer Stage

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