Mädchenspielplatz?tun & lassen

Beserlpark 4

Beserlpark.jpgNur im Internet wird der Mortarapark im 20.Bezirk, Nähe Traisengasse als Mädchenspielplatz bezeichnet. Ohne geschichtlichen Hintergrund ist vor Ort davon nichts zu merken. Oder doch?

Denn wer den vermeintlichen Haupteingang betritt und interessiert die Parkhinweistafel überfliegt, wird kurz beim Lesen ins Stocken geraten. Ein gegendertes Wort sticht ins Auge. Geschrieben steht: In Erinnerung an den Sieg der ÖsterreicherInnen unter Erzherzog Albrecht in Mortara. (…)

Ich musste lächeln, als ich bemerkte, dass hier auf das weibliche Geschlecht nicht vergessen wurde! Sehr löblich, doch irgendwie auch irritierend, denn intuitiv würde ich sagen, dass nur die, die kämpfen, auch siegen können. Und 1849 war das Kriegsspiel männlich. Wie dem auch sei. Jedenfalls könnte diese sensibilisierte Ausdrucksweise das erste Zeichen sein, dass sich hinter dem Gartenzaun etwas Besonderes für Mädchen verbirgt.

Nachdem ich den Park betrat, war ich zunächst enttäuscht, da ich nichts Mädchenspezifisches entdecken konnte. Der Unterschied zu anderen Parks war nicht augenscheinlich und die Gestaltung nicht offensichtlich mädchengerecht. Wie gewohnt bevölkerten alle ParkbesucherInnen, von groß bis klein, ihre Lieblingsplätze. Mädchen waren natürlich auch darunter. Erst als ich den 12.000 Quadratmeter großen Park durchstreifte, konnte ich einen kleinen Teil als Mädchenspielplatz identifizieren.

Ein Sechstel für die Mädchen

Vor drei Jahren wurden 2000 Quadratmeter von insgesamt 12.000 Quadratmetern zu einem Mädchenspielplatz umgestaltet. Junge Parkbesucherinnen zwischen 10 und 15 Jahren konnten ihren Traumpark entwickeln. Die Burschen waren zwar neugierig, hatten jedoch nichts dagegen, da ihr Lieblingsbereich, der Fußball- und Basketballplatz im Käfig, unangetastet blieb. Die erwachsenen ParkbesucherInnen waren ebenfalls einverstanden, da auch sie auf keine Parkbänke verzichten mussten. Der Mädchenspielplatz sollte nämlich auf einem Platz entstehen, so die InitiatorInnen, der bis zu diesem Zeitpunkt praktisch ungenützt war. Nach längerer Suche fand man diesen Platz im Mortarapark. Eine ideale Ausgangssituation für Mädchenförderung, könnte man meinen, da niemand von der Notwendigkeit überzeugt werden musste. Ein Glück für die Mädchen, dass der Bezirk noch 2000 Quadratmeter für sie übrig hatte.

Mit Begeisterung brachten die jungen Parkbesucherinnen ihre Wünsche auf Papier. Die Ergebnisse waren ähnlich wie bei anderen partizipativen Mädchenprojekten. Sie wünschten sich u. a. einen Volleyballplatz, ein Baumhaus als Rückzugsmöglichkeit und eine Seilbahn. Unter Einbeziehung der finanziellen Ressourcen und den örtlichen Gegebenheiten mussten sich die Mädchen in einem demokratischen Prozess auf ihren Traumpark einigen. Nach etwa einem Jahr Planungs- und Errichtungsphase erhielten sie ein Girl-Power-Baumhaus, eine Sitzarena zum Tanzen, ein Beerenlabyrinth und eine Seilbahn. Für das Volleyballfeld reichte der Platz nicht, leider.

Olfaktorische Belastung beim Tischtennisspielen

Auch wenn nichts darauf hinweist, dass dieser Parkteil von und für Mädchen gestaltet wurde, so scheint das Konzept trotzdem aufgegangen zu sein. Die herumtollenden Kinder sind zum Großteil weiblich.

Die Gestaltung der restlichen 10.000 Quadratmeter entspricht eher dem anderen Geschlecht, anderen Altersgruppen und Hunden. Die Buben können im Fußballkäfig ihre überschüssige Energie loswerden, währenddessen die erwachsenen und älteren ParkbesucherInnen im Schatten der großen Platanen oder Eichen Entspannung suchen. Die Kleinkinder mit ihren Eltern erfreuen sich an dem kreativ gestalteten Sandplatz mit Wasserspielen, der Rutsche, dem Kletterturm, dem Karussell mit Autoreifen und den bequemen Hängematten. Die jungen Burschen bevorzugen den Platz neben der Hundezone. Nicht um dort zu rauchen, sondern um sich bei einem Tischtennismatch zu messen. Trotz unangenehmen Geruchs sitzen sie aufgefädelt entlang des Zauns der Hundezone und warten geduldig, bis sie an der Reihe sind.

Der Tischtennistisch ist der einzige Grund, warum wir hierher kommen, sagen sie einstimmig und fügen gleich hinzu, dass ein zweiter Tisch sie sehr freuen würde. Gemütliche Sonnenstunden verbringen sie lieber auf der Wiese im Augarten oder auf der nahe gelegenen Donauinsel. Die relativ großen schattigen Rasenflächen im Park bleiben ungenützt, obwohl es kein Schild mit Betreten verboten! gibt.

Die Stimmung ist nett. Sehr multikulti, sagt ein offensichtlich österreichisches Pärchen. Andere Besucher habe ich noch nie kennen gelernt, bedauert ein albanischer Vater. Und ein 6-jähriger Bub aus der Türkei, der als einziger den Girl-Power-Turm besetzt, sagt bestimmt: Das stimmt nicht, dass der nur für Mädchen ist!

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