Manchmal ein dunkles, manchmal ein helles Grautun & lassen

Augustiner Marek

Ich bin 1981 das erste Mal nach Österreich gekommen. Polen wollte als Republik unabhängig von der Sowjetunion sein. Ich war ein junger Offizier in der polnischen Armee und hätte vielleicht kämpfen müssen. Ich habe gleichzeitig zur Militärakademie Psychologie studiert. Aber ich habe gemerkt: Das ist nicht, was ich wirklich will. Nachdem ich ­Offizier war, hatte ich einen ziemlich guten Job. Als Vorsitzender eines Sportverbands habe ich internationale Sportevents organisiert. Mein Chef wollte, dass ich der kommunistischen Partei beitrete, aber ich weigerte mich und bin nach Österreich emigriert. Denn ich hatte das Gefühl: Das ist nicht mein Weg im Leben. Ich habe Freiheit gewählt. Freiheit heißt, dass ich über mich selbst entscheiden kann, aber niemanden verletze. Einfach arbeiten, etwas Geld verdienen, ein normales Leben führen.
Ich kam zuerst ins Asyllager in Traiskirchen und habe später zufälligerweise einen Job bei der Passkontrolle der US-amerikanischen Botschaft in Wien bekommen. Zurück in Polen hat die polnische Polizei mich verhaftet, weil ich für die Botschaft polnische Flüchtlinge in die Staaten geschickt habe. Dort (in Polen, Anm.) habe ich gemerkt, dass sich etwas an der Freiheit, aber nichts an der wirtschaftlichen Situation geändert hat. Ich konnte in diesem Land keinen Ort zum Leben finden. Also bin ich nach Frankreich und später nach England und habe als Security gearbeitet. Als ich viel gereist bin, habe ich wirklich ­schöne Orte gesehen. Zum Beispiel in Tirol. Dort habe ich drei Jahre als Barkeeper und Kellner gearbeitet. Vor fünf Jahren habe ich bei Wien mit Pferden gearbeitet. Ich habe überall gearbeitet, wo es möglich war. Für das meiste habe ich keine Beweise, deshalb kämpfe ich gerade um meine Pension.
Ich spreche Polnisch, Englisch, Französisch, Russisch und lerne Deutsch. Das macht es mir leicht, mit Menschen in Kontakt zu kommen. Ich mag den Job beim Augustin, weil ich ­viele Menschen treffe. Ich verkaufe an neuralgischen ­Punkten in Wien, dort kommen hunderte Leute vorbei. Und ich kann inner­halb von Sekunden an ­ihren Gesichtern ablesen, ob sie den ­Augustin kaufen oder nicht. Das Leben ist die beste Universität, und ich studiere es noch immer. Mein Wunsch für die Zukunft: Ich möchte nur eine kleine Wohnung und jemanden der mich liebt, dem ich ver­trauen kann. Mein Wunsch für alle Menschen ist, dass sie ins Paradies kommen. Ich glaube aber nicht nur an Paradies und Hölle. Menschen sind nicht nur schwarz und weiß, wir sind alle grau. Manchmal ist es ein dunkles Grau, manchmal ein helles.

Protokoll: Sylvia Galosi
Foto: Mario Lang