Maresi, Strabag und Kuriertun & lassen

Raiffeisen-Monopole, wohin man schaut eine Zwischenbilanz - Aspekte der Raiffeisendominanz (Teil 16)

Christian Konrad, als Generalanwalt des Raiffeisenverbands ranghöchster Giebelkreuzler, hat den Job als Obmann von «Unser Stephansdom», ein Lobbyverein für die Wiener Kathedrale, hingeschmissen.Ihm ging gegen den Strich, dass Kardinal Christoph Schönborn sich gegen den Plan gestellt hat, um 12 Millionen Euro ein entbehrliches Besucherzentrum zwischen Kirche und erzbischöflichem Palais zu errichten. Wenn die Sammelgroschen für den Steffl nicht auf die Mühlen von Raiffeisen landen, hat ein derartiges Engagement für den Raiffeisen-Boss offenbar keinen Sinn.

Das Autorenduo dieser Serie wird immer wieder gefragt, was es gegen Raiffeisen hat. Persönlich lassen uns die Umtriebe des mit Abstand größten heimischen Mischkonzerns ziemlich kalt. Was Unbehagen verursacht, ist die Zusammenballung von wirtschaftlicher, institutioneller und politischer Macht. Kurz: Es geht um die vom späteren Bundeskanzler und Arbeitermörder Engelbert Dollfuß konzipierte Dreieinigkeit von Genossenschaft, Landwirtschaftskammern und Bauernpartei (aktuell in Gestalt des ÖVP-Bauernbunds). Dazu kommt der Widerspruch, der zwischen der Berufung auf die Marktwirtschaft und der Raiffeisen-Tendenz zur Bildung von Monopolen besteht. (In der nächsten Folge wird ein Gespräch mit einem Korruptionsexperten zu dem Thema ausgewertet.)

Wenn schon keine Monopol-, so doch eine Oligopolstellung hat die Raiffeisen Bankengruppe. Mit 553 Banken und 1738 Bankstellen, einer Bilanzsumme von mehr als 260 Milliarden Schilling im Jahr 2010 ist sie das größte Kreditkonglomerat Österreichs. Auf der Homepage des Verbands heißt es: «Fast jeder zweite Österreicher ist Kunde einer Raiffeisenbank.» Damit ist die Reichweite der Giebelkreuzler im Geldsektor größer als die der «Neuen Kronen Zeitung» bei den TageszeitungsleserInnen. Insgesamt werden in dem Bereich 32.000 Personen im Inland und zusätzlich 60.000 vorwiegend in Zentral- und Osteuropa beschäftigt. Filialen und Repräsentanzen gibt es darüber hinaus in London, Beijing, Singapur, New York, Chikago, Houston und Los Angeles bzw. in Brüssel, Frankfurt, Madrid, Mailand, Paris, Stockholm, Moskau, Ho Chi Minh City, Hongkong, Mumbai und Seoul.

Ein Monopol, das sich gewaschen hat

Neben der Geldsäule fallen der Warenhaus-, der Molkerei- und der Sektor der übrigen bäuerlichen Genossenschaften (von der Viehverwertung bis zur Honiggewinnung) ins Gewicht. Die 130 Molkereigenossenschaften des Konzerns haben ein De-facto-Monopol bei der Sammlung und Verarbeitung von Milch. 95 Prozent der angelieferten Milch landen in den Genossenschaften, deren Anteil an der ausgelieferten Frischmilch stolze 99 Prozent beträgt. Eine ähnliche Stellung nehmen die Lagerhäuser bei der Versorgung der Agrarbetriebe mit Produktionsmitteln (Saatgut, Dünger, Landtechnik) und in der Übernahme der Getreideernte und anderer Feldfrüchte zwei Drittel des Gasamtaufkommens ein.

Großens Gewicht haben ferner die Beteiligungen von Raiffeisen an Schlüsselbetrieben zahlreicher Branchen. Im Versicherungswesen verfügt der Konzern nicht nur über eine gleichnamige Gesellschaft, sondern kontrolliert auch die Uniqua sowie die Niederösterreichische und die Oberösterreichische Versicherung. An Beteiligungen in Industrie, Handel und Markenartikel werden folgende Unternehmen angeführt: die Agrana als Zucker-, Stärke und Fruchtsaft-Monopolist (in puncto Zucker läuft ein Kartellverfahren), die Strabag als mit Abstand größter im In- und Ausland tätiger heimischer Baukonzern, der Gemüsekonservenspezialist Efko, die Fertigmenülieferant Gourmet, der Nahrungsmittelproduzent Inzersdorfer, der internationale Mühlenmulti Leipnik Ludenburger, der Dickmilchhersteller Maresi und die Salinen Österreich mit ihrem seit eh und je bestehenden Salz-Monopol. Dazu kommen unter anderem jede Menge Beteiligungen in Tourismus und Hotellerie.

Von besonderer Qualität ist der Einfluss von Raiffeisen auf die Medien. Einerseits beherrscht der Konzern die Tageszeitung «Kurier» und die Verlagsgruppe «News», verfügt über Beteiligungen am Niederösterreichischen Pressehaus der Diözese St. Pölten und an den Oberösterreichischen Landesverlag und hat Einfluss auf diverse Privatradios, die Epamedia (Plaktwerbung und mehr), die ORS (Österreichische Rundfunksender GmbH) und Sat.1 Österreich. Andererseits handelt es sich bei dem Wirtschaftskraken um den mit Abstand gewichtigsten Inserenten in den heimischen Medien. Da konventionelle Printmedien mindestens 70 Prozent ihrer Erlöse aus Werbeeinnahmen erzielen müssen, wenn sie nicht in die roten Zahlen geraten wollen, liegt auf der Hand, dass dieser Kunde auch in der Berichterstattung der vermeintlich unabhängigen Zeitungen wie ein rohes Ei behandelt wird.

Sicherheitshalber AGs

Bemerkenswert ist die Breiten- und Tiefenstaffelung der gesamten Raiffeisenorganisation. Sie wird einerseits durch die genossenschaftliche Organisationsform an der Basis gewährleistet, die eine aktive Rolle der Mitglieder vorsieht. Freilich funktioniert sie ähnlich wie der demokratische Zentralismus der Kommunistischen Parteien, wo die Parteitagsdelegierten als höchstes Gremium zwar abgestimmt, aber jeweils nur beschlossen haben, was die engere Parteiführung vorgegeben hat. In ähnlicher Weise hört die Mitbestimmung der GenossenschafterInnen sich auf der Ebene der sicherheitshalber als Aktiengesellschaften geführten Spitzeninstitute und Unternehmen auf Landes- und Bundesebene auf.

Freilich haben in Aktiengesellschaften die Aktionäre eine Chance, gegen Machenschaften der Vorstände und Aufsichtsräte aufzutreten. Wie das im Fall von Firmen des Raiffeisenkonzerns läuft, werden wir nach Klärung der Korruptionsfrage ebenfalls in dieser Serie demnächst demonstrieren.