Klimazone (August 2023)
Der blaue Himmel verdeckt durch ein grünes Blätterdach; eine leichte Brise auf der Haut. Der dicke Kastanienbaum im Park nebenan war in den letzten Wochen oft mein Zufluchtsort. Er macht den Großstadtsommer erträglich. Wie mehr als ein Drittel der Menschen in Wien, besitze ich keine private Freifläche, keinen Balkon, keine Dachterrasse, keinen Kleingarten an der Alten Donau.
Bäume können, was Hitzeschutz betrifft, locker mit jeder begrünten Fassade mithalten. Sie kühlen sogar mehr als Grünflächen. Und das liegt nicht nur am Schatten, den sie spenden. Da sie tief wurzeln, können sie mehr Wasser aufnehmen und ihre Umgebung auch durch Verdunstung kühlen. Mit Bäumen bewachsene Flächen sind laut Berechnungen von Forscher:innen der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich um acht bis zwölf Grad Celsius kühler als bebaute Flächen. Die klimafitte Stadt braucht also dringend mehr Parks mit Bäumen.
Gerne wird in Wien darauf verwiesen, dass mehr als die Hälfte des Stadtgebiets Grünraum sei. Für eine Großstadt ein beträchtlicher Anteil. Doch dieser Raum ist sehr ungleich verteilt und befindet sich vor allem am Stadtrand. In Hietzing macht Grünraum rund 70 Prozent der Bezirksfläche aus. In Rudolfsheim-Fünfhaus oder der Brigittenau sind es nicht einmal neun Prozent. Oder anders formuliert: Besonders in einkommensschwachen Stadtgebieten ist das frei zugängliche Grün stark umkämpft.
Bäume sind unsere besten Verbündeten im Klimaschutz
Dabei sind Bäume unsere besten Verbündeten im Klimaschutz. Sie nehmen nicht nur Kohlendioxid auf, sondern filtern auch Stickoxide und Ozon aus der Luft. Zudem sind sie gut für die Artenvielfalt, bieten Lebensraum für Eichhörnchen, Vögel und Insekten. Und: Sie sind gesund. Menschen, die in der Nähe von Grünflächen wohnen sind gesünder und erkranken seltener an Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bäume fördern sogar das psychische Wohlbefinden. Sie können Angstzustände und Depressionen lindern. Umso wichtiger ist es, dass Grünraum und große Stadtbäume gerecht in der Stadt verteilt sind.
Was nach einer simplen Forderung klingt, scheint schwer umsetzbar zu sein. Plakatierte die SPÖ 1981 noch die Forderung «500.000 neue Bäume für Wien», so gibt man sich heute bescheidener: 25.000 neue Bäume sollen es bis zum Ende der Legislaturperiode sein.
Es werden tatsächlich tausende Bäume jedes Jahr gepflanzt. Doch der Großteil davon sind Nachpflanzungen. Schmale Bäumchen mit rasch braun verfärbtem Blätterdach, die mitnichten leisten können, was ein Jahrzehnte alter Baum vermag. Sie erinnern mich mehr an diese Nebel-Stelen. Viel Kosmetik, geringe Wirkung. Natürlich ist es wichtig, neue Bäume zu pflanzen und auch aus kleinen Stadtbäumen werden irgendwann große. Doch noch wichtiger wäre es, jene Bäume, Grün- und Brachflächen, die wir haben, mehr wertzuschätzen und besser zu schützen. Denn unsere Stadtbäume leisten viel. Sie haben meist wenig Platz, müssen mit harten, versiegelten Böden und wenig Wasser zurechtkommen, sind im Sommer der Hitze und im Winter dem Streusalz ausgesetzt. Und doch schaffen es manche, dass sie sich mehr als 200 Jahre lang um uns kümmern.