Mein persönliches Manifestvorstadt

Überlegungen beim Anblick eines von Holzerntemaschinen zerstörten Waldes

Es kann nicht sein, dass Seeufer und Alpengipfel Privaten gehören. Es kann nicht sein, dass große Waldflächen mit unüberwindbaren Zäunen abgesperrt werden. Ferdinand Zisser aus Vorau (Stmk.) hat beim Schwammerlsuchen in «seinem» Wald wieder einmal einen Wutanfall erlitten.

Foto: Robert Sommer

Seit ich ein Kind war, ging ich Schwammerl suchen. Mit den Jahren lernte ich manche Waldgebiete ganz besonders zu lieben. Jeder Hohlweg, jeder Baum kommt irgendwann bekannt und vertraut vor. Manches Schwammerlplatzerl, glaubt man, gehört nur einem selbst. Ich habe in meinem Leben Menschen lieb gewonnen, Tiere und ganz besonders Waldstücke. Für mich sind die Natur und der Wald so etwas wie Luft. Ich brauche sie zum Leben. Vielleicht geben Sie mir recht, wenn ich sage: «Die Natur gehört allen Geschöpfen, denn sie besteht aus allen Geschöpfen.»

Kürzlich war ich wieder im Wald, in einem meiner Lieblingswaldungen. Ich war schockiert. Ein «Harvester», so nennt man moderne Holzerntemaschinen auf sechs oder mehr Rädern mit massiven Stahlketten, hatte den Wald durchforstet. Zurück blieb eine Wüste. Kein Grün mehr, nur Erdfarben und graues ausgetrocknetes Nadelwerk. Die Hohlwege zugeschüttet mit Resten und totem Holz. Äste, klein- und mittelgroß geknickt und über den Boden zerstreut, sodass ein Durchgehen unmöglich geworden ist. Ich weinte, als ich «meinen» geliebten Wald sah.

Gleichzeitig kam in mir eine Wut hoch angesichts der Zerstörung, die ich betrachtete. Ja, ich kenne die Argumente der Befürworter_innen solcher Vorgangsweise nur allzu gut: Man müsse mit der Zeit gehen. Anders sei die Waldwirtschaft nicht rentabel. Das sei gar nicht schlecht für den Wald, sondern sogar gut. Es wachse dann alles noch besser. Es ist Dünger. Man könne die Zeit nicht zurückdrehen. Du kaufst ja auch Holzmöbel und Papier. Bla, bla, bla … Ich will diese Argumente der Marketinggurus und Geschäftsleute nicht hören. Ich will die Argumente der Natur hören, die mir einfach sagt: Schade. Ich möchte Anwalt der Natur sein. Aus, Schluss, basta. Ich spreche jetzt Forderungen aus. Jeder kann mich mit Argumenten unterstützen oder dagegen sein. Ich lebe in einer Demokratie und habe das Privileg, meine Forderungen frei zu formulieren, was ich hiermit tue:

▶ Ich bin gegen die Einzäunung von Waldstücken mit Zäunen, die Menschen nicht überwinden können (Tore, Türen, Leitern).

▶ Ich bin für ein Verbot von Holzerntemaschinen ab einem gewissen Gewicht und in steilen Waldungen.

▶ Ich bin für die strenge Limitierung des Baus von neuen Forstwegen, sowie in steilerem Gelände für die Pflicht der Holzbringung durch Pferde oder Seilkräne und andere bodenschonende Verfahren.

▶ Bestehende Waldwege müssen in kleinen Abständen mit Wasserableitungen und großen Sickergruben versehen werden.

▶ Forstwege müssen jährlich auf Einhaltung von Wassersickermöglichkeiten hin überprüft und bei Bedarf saniert werden.

▶ Für wasserdichte Bodenversiegelungen fordere ich einen sofortigen österreichweiten Stopp.

▶ Ich bin für die Verstaatlichung aller natürlichen Seen und Gewässer in Österreich.

▶ Ich bin für die Verstaatlichung und den freien Zugang zu allen See- und Flussufern in Österreich.

▶ Jedes Seeufer sollte binnen 20 Jahren mindestens 20 Meter breit freigemacht werden und für jedermann/jedefrau öffentlich zugänglich sein.

▶ Ich bin für den Rückbau unserer Bäche und Flüsse, für die Wiedererschaffung verpflichtender Retentionsräume, um vor Hochwässern nachhaltig zu schützen.

▶ Neue Wohnsiedlungen müssen verpflichtend mit Regen-/Brauchwassersystemen ausgestattet werden (jede Gemeinde kann dies im Flächenwidmungsplan beschließen).

▶ Neue Flächenasphaltierungen oder -betonierungen dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn dieselbe Fläche irgendwo in Österreich rückgebaut wird (Summe bleibt gleich).

▶ Öffentliche Asphalt-Parkplätze müssen durch wasserdurchlässige Rasensteine oder ähnliche Systeme bei Sanierungen ersetzt werden.

▶ Durch Menscheinwirkung (Hoch-, Tiefbau) verursachtes Oberflächenwasser muss zu 80 Prozent zum Versickern gebracht werden.

▶ Für die Landwirtschaft fordere ich eine ständige Bedeckung der Ackerflächen durch Pflanzen, um die Bodenerosion hintan zu halten, sowie verpflichtende Fruchtfolgen.

▶ Die maschinelle Saatrichtung muss schräg oder quer zur Neigung der Böden sein.

▶ Begrünte Querdämme in normaler Richtung zum Gefälle (ehemals «Oniwandter») müssen in bestimmten Abständen wieder eingeführt und gepflegt werden.

▶ Das fordere ich als Ziel für die nächsten 20 Jahre!

Der Autor ist Lehrer, Regionalentwickler im Raum Hartberg/Stmk., Musiker und Umweltaktivist.

Blog: www.zisserf.at