„Meine Heimstätte“vorstadt

Walter Znenahlik kam als Sportler viel herum

Sag mir, wo die Blumen sind? In den Amtsstuben des Wiener Rathauses konnte man wieder dazu übergehen, Zeit tot zu schlagen. Eben erst hatte man das Jahr 1964, die Wiener Internationale Gartenbaumesse und den Umbau der Blumenhalle ad acta legen können, als ebendort ein gewisser Walter Znenahlik das Eis betrat.Wie immer betrat er es: ohne Helm und ohne Socken.

Die Mülldeponie unter dem neuen Donaupark, die eigens für die Blumenschau aufgeschüttet worden war, begann erst Jahre später anrüchig zu werden. Doch das sollte, das brauchte damals niemand zu interessieren. Wieder gab es in Wien etwas, was man feierlich eröffnen konnte. Aus der Blumenhalle am Eingang zum Donaupark war übers Jahr eine Eishalle geworden: Die neue provisorische Heimstätte für die beiden Wiener Eishockey-Vereine WEV und WAT Stadlau.

Auch die damalige Stadträtin für den Sport, Gertrude Fröhlich-Sandner, begab sich aufs Eis. Und schüttelte dem damaligen Kapitän der österreichischen Eishockey-Nationalmannschaft die Hand. Der war gerade 30 geworden und trug – wie gesagt – weder Helm noch Socken.

„Die Geschichte mit den Socken stimmt“, sagt „Znene“, wie ihn seine Fans früher riefen und seine Freunde heute noch nennen. „Das meiste Gefühl hast du in den Eisschuhen, wenn sie ganz eng sind.“

In der Donauparkhalle hat eine ganze Generation, die Babyboomer Transdanubiens, Eis laufen gelernt. An die Donauparkhalle, jenes typische Wiener Provisorium, das am Ende drei Jahrzehnte lang hielt, erinnert sich auch Walter Znenahlik gerne. Hier hat er die schönsten sportlichen Erfolge seines Lebens gefeiert. Und ein neues Zuhause gefunden.

„Bürgermeister Marek hat mich von Kitzbühel zurück nach Wien geholt“, erinnert sich der ehemalige Rekord-Nationalspieler und Erfolgstrainer, der heuer seinen Siebziger feiert und in der Wagramer Straße weiter ein Sportfachgeschäft führt. Dort verkauft er vom Schläger bis zum Schuh, vom Hodenschutz bis zum Helm alles rund ums Eishockey.

Für seinen Wechsel zum WEV, den der tadellose Sportler an die Spitze der Tabelle führen sollte, bot man ihm im Gegenzug eine Wohnung in der Nähe des Donauparks an. Ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte. Denn mit Eishockey kann man in diesem Land nur einen Bruchteil von dem verdienen, was Skiidole und Profi-Fußballer einsacken.

„Ich muss ehrlich sagen, drüber der Donau war für mich am Anfang absolutes Neuland“, sagt der Zugereiste heute. Die Donaustadt bestand damals noch nicht aus Donauzentrum, U1, UNO-City und Albert-Schulz-Eishalle, sondern in erster Linie aus Donauparkhalle, Gemeindebauten, Wiesen und Äckern. Dazu kommt, dass „Znene“ Kind eines ganz anderen Wiens ist.

Aufgewachsen ist er nach dem Krieg in Ottakring, auf der altehrwürdigen Pfarrwiese in Hütteldorf (in den Nachwuchsmannschaften von Rapid) und auf dem bekanntesten Dach von Hernals (beim Eislaufverein Engelmann). Znenahlik zählt noch zu jener Generation von Sportlern, die im Winter Eishockey und im Sommer Fußball gespielt haben. Und er zählt zu den ganz Wenigen, die mit einer anderen Wiener Sport-Legende im Café Ritter Karten spielen durften. Die Rede ist von Ernst Happel. „Der hat mich immer geschimpft, wenn ich falsch ausgespielt habe.“

Mit dem „Drüber der Donau“ begann sich der Ottakringer dennoch langsam zu arrangieren. Dabei half ihm auch die Donauparkhalle. „Ich habe gerne in dieser Halle gespielt, weil immer eine Riesen-Stimmung war.“ Schnell wurde die mehrfach umgebaute Verlegenheitslösung zu einer liebgewonnenen Arena der Wiener.

Es passt vielleicht zu Wien, dass erst eine abgesagte Weltausstellung das 60er-Jahre-Provisorium zum Einsturz brachte. Vergessen sind die Blumen, die Bullys und Bodychecks. Heute dominiert auf der hurtig hochgezogenen „Donauplatte“ der Fertigbeton. Wien hat sich wenn schon keine Expo, so wenigstens eine neue Skyline zugelegt.

Fundament für all diese Rochaden ist der 22. Bezirk, die Donaustadt. Während der Zweiundzwanzigste erst vor kurzem wieder zur Hochburg des österreichischen Eishockeys wurde, ist er für Znenahlik schon seit Längerem der Lebensmittelpunkt.

Dabei half ihm ganz sicher auch die Frau in seinem Leben: „Sie hat die Familie zusammengehalten. Denn ich war als Spieler und auch als Trainer viel unterwegs.“ Seine beiden Söhne Walter und Peter wurden auch in der Donauparkhalle groß. Dort traten sie bald das Erbe ihres Vaters an. Als sich der Senior bereits mehr auf das Coachen verlegt hatte.

Die Wohnung in der Donaustadt haben die Znenahliks nie aufgegeben. Eine weise Entscheidung. Heute nennt sie der Senior auch „meine Heimstätte“.

70 Jahre – und kein bisschen müde. Wenn er an der Schleifmaschine steht, wirkt er noch immer sehr konzentriert. Und wenn er, der 35er-Jahrgang, Freitag nach Feierabend mit seinen Söhnen und alten Spezln von der Nationalmannschaft dem Puck nachjagt, dann flitzt er noch immer ohne Socken übers Eis. Seine Bilanz kann sich sehen lassen: „Mit der Schnelligkeit geht natürlich nichts mehr, dafür ist noch die Ausdauer und die Koordination da. Ich kann mich jedenfalls auf dem Eis noch ganz gut bewegen.

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