Meine Mission ist es, zu lehrentun & lassen

Augustinverkäuferin Celina

Mein Zuhause ist Nigeria. Ich komme aus Biafra Land im Osten. Im Moment ist die Situation dort sehr schwierig. Unser Präsident regiert nicht gut, deshalb wollen wir ein Referendum, einen unabhängigen Staat. Es ist eigentlich eine ähnliche Situation wie in der Ukraine, nur spricht niemand darüber. Es gibt Kämpfe um Öl und eine Krise zwischen Christ:innen und Muslim:innen, viele werden umgebracht. Man muss vorsichtig sein, es gibt dort keine Sicherheit. Deswegen bin ich nach Österreich gekommen. Österreich ist ein Land, das für jede:n sorgt. Du kannst das nicht mit Nigeria vergleichen.
In Nigeria war ich Erzieherin. Meine ­Mission ist zu lehren, weil ich Kinder liebe. Als ich nach Wien gekommen bin, habe ich tagsüber als Tagesmutter gearbeitet und danach Augustin verkauft. Später habe ich eine Ausbildung als Erzieherin abgeschlossen und ein Praktikum in einem Kindergarten gemacht. Aber bis auf einen Reinigungsjob habe ich keinen Job gefunden. Also habe ich wieder angefangen, Zeitung zu verkaufen. Ich wollte keine Zeit verlieren, denn wer wird sich um meinen Sohn in Nigeria kümmern? ­Meine Mutter ist im Dezember gestorben. Jetzt passt eine Frau aus unserer Familie auf ihn auf. Er weint die ­ganze Zeit und sagt, dass ich wiederkommen soll. Wir telefonieren ­jeden Tag. Wenn ich mit ihm rede, ­fühle ich mich wie im ­Himmel. Ich ­möchte schnell hinreisen, um ihn zu ­sehen. Ihn herzubringen ist schwierig, denn ich habe nicht lang genug in Österreich gearbeitet. Wenn ich als Erzieherin arbeite, möchte ich mein Kind herholen. Ich werde weiter nach dem Job ­suchen, von dem ich träume.
Ich bin sehr froh, dass ich den Augustin verkaufe. Davor hatte ich hohen Blutdruck, aber mein Arzt sagt, dass es besser geworden ist. Weil das Zeitungsverkaufen mich glücklich macht. Dort, wo ich stehe, kommen Kinder vom Kindergarten vorbei. Sie sagen ihren ­Eltern: «Wir wollen Frau Celina besuchen!» Ich nenne sie «kleiner Mann» und «schönes Mädchen» und den ganz kleinen Kindern versuche ich Sprechen beizubringen. Die ­Eltern bringen mir Geschenke und manchmal laden sie mich zu ihnen nach Hause ein. Wenn ich nicht Augustin verkaufe, lese ich alte Ausgaben und lerne ­damit Deutsch. Das ist sehr wichtig für mich. ­Diese Zeitung ist eine gute Sache für Menschen, die keine Arbeit und keine helfende Hand haben, das begeistert mich. Ich wünsche meinen Kindern, dass Gott sie mit Weisheit, Wissen und Verständnis segnet. Das wünsche ich auch ­allen Kindern, die zu meinem Verkaufsplatz kommen. Den Erwachsenen wünsche ich ein langes Leben und Wohlstand.

Protokoll: Sylvia Galosi
Foto: Mario Lang