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Mit der Mindestsicherung wird jetzt das Sozialsystem armutsfest gemacht. Sagen die einen. Jetzt wird ja keiner mehr arbeiten gehen. Sagen die anderen. Nichts von beiden wird eintreten. Man kann rhetorisch und ideologisch wieder abrüsten. Mit der so genannten Mindestsicherung werden völlig falsche Erwartungen geweckt. Bei den Hilfesuchenden genauso wie bei den prinzipiellen Gegnern von Sozialtransfers für Arme. Es wird über etwas diskutiert, das es so gar nicht gibt.
Denn die Bauprinzipien bleiben im Wesentlichen die gleichen in Hinblick darauf, dass sich AntragsstellerInnen erwerbswillig zeigen müssen, das Haushaltseinkommen über einen Anspruch entscheidet, Vermögen verwertet werden muss. Die Mindestsicherung ersetzt nicht die Sozialhilfe, sondern baut sich in das bestehende System der neun Bundesländerregelungen ein. In vielen Punkten bleibt die Ausgestaltung zentraler Elemente aber den Landesgesetzgebern bzw. den Vollzugsrichtlinien der Behörden überlassen.
Gearbeitet wird mit allen Mitteln. Das aus dem Finanzministerium vorgebrachte Beispiel mit einem Familienvater, der seine Arbeitszeit reduziert, um dann Sozialhilfe zu beziehen, ist höchst unseriös und unlauter. Denn wer zur Zeit ein Sparbuch hat, ein nicht zur Arbeit benötigtes Auto, eine private Pensionsvorsorge oder auch nur eine Sterbegeldversicherung, muss alles verkaufen, das Geld verbrauchen, bevor er sich überhaupt aufs Sozialamt trauen kann. Bei Wohnungseigentum sichert sich der Staat noch im Grundbuch ab. Neben PartnerInnen im gemeinsamen Haushalt werden auch andere Verwandte zu Unterhaltsleistungen verpflichtet. Nur wenn das Haushaltseinkommen unter der Sozialhilfe-Schwelle liegt, besteht ein Anspruch. Wer Sozialhilfe bezieht, erwirbt zudem weder Ansprüche in der Arbeitslosen- noch in der Pensionsversicherung.
Nächster Mythos: Die Mindestsicherung ermöglicht den Menschen ein bequemes Leben. Nach Abzug der Fixkosten fürs Wohnen bleiben rund ein Drittel der Menschen, die sich hilfesuchend an die Caritas wenden, weniger als 4 pro Tag und Person im Haushalt übrig, um alle anderen Bedürfnisse abzudecken. 44.000 Sozialhilfe-BezieherInnen sind minderjährige Kinder und Jugendliche. Das sind 29% aller Sozialhilfe-Beziehenden. Wenn nun der Finanzminister darüber streitet, ob die Sozialhilfe innerhalb eines Jahres 12 Mal oder 14 Mal ausbezahlt wird, dann heißt das auch: Es wird derzeit darüber gestritten, ob Kindern ein monatliches Sozialhilfe-Existenzminimum in der Höhe von 220 oder aber max. 257 Euro zugestanden werden soll, von dem alle anteiligen Kosten auch die Miete bezahlt werden müssen. Ein Leben am Limit verursacht außerdem Stress. Dutzende Studien weisen den Zusammenhang von ökonomischer Belastung und Stress nach.
Mythos Hängematte: Beim Sozialhilfe-Bezug zeichnet sich statt eines steigenden Missbrauchs ein gegenteiliges Szenario ab: Laut einer Studie des Europäischen Wohlfahrtszentrums nehmen über 50% aller Bezugsberechtigten keine Sozialhilfe in Anspruch. Die wahren Probleme in der Sozialhilfe lauten also nicht soziale Hängematte sondern Nichtinanspruchnahme.
Und wussten Sie, dass bei der Mindestsicherung aktuell 183 Euro für eine alleinstehende Person fürs Wohnen vorgesehen sind. Dieser Betrag wird für kaum jemanden ausreichen, um eine Wohnung zu finanzieren.