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Die gerade veröffentlichten Daten der Statistik Austria geben ein realistisches Bild der Lebensbedingungen von Frauen, Männern und Kindern in der Mindestsicherung. Sie stammen aus der sorgfältigen jährlichen Haushaltserhebung zur sozialen Lage. Was sagen uns die Zahlen? Es zeigen sich sehr hohe Raten bei gesundheitlichen Einschränkungen, chronischer Krankheit und Behinderung. Starke negative Effekte werden bei der Wohnsituation sichtbar. Massive negative Auswirkungen hat der Alltag am Limit auf Gesundheit, Chancen und Teilhabe der Kinder. Und viele Familien mit Kindern sind arm trotz Arbeit.
Alle Daten stammen von knapp vor den Kürzungen und Einschnitten in der neuen «Sozialhilfe». Vieles davon ist jetzt im Lockdown zentral geworden, wie beengtes Wohnen im Homeoffice, Homeschooling oder Belastungen für Kinder. Eine große Gruppe ist gesundheitlich angeschlagen und verletzlich. 23 % der Mindestsicherungsbezieher_innen weisen einen sehr schlechten Gesundheitszustand auf, 22 % sind stark beeinträchtigt durch eine Behinderung, 55 % chronisch krank.
Menschen in der Mindestsicherung sind von ihren Wohnkosten deutlich stärker belastet als der Rest der Bevölkerung. Gleichzeitig können elf Prozent ihre Wohnung nicht warmhalten. Das ist fünfmal öfter als Haushalte ohne Mindestsicherung. Wenig überraschend wohnen Mindestsicherungsbezieher_innen auch in viel kleineren und schlechteren Wohnungen. Während die durchschnittliche Wohngröße in Österreich bei 90 Quadratmetern liegt, ist sie bei Mindestsicherungsbezieher_innen mit 60 Quadratmetern deutlich kleiner. Haushalte mit Kindern ohne Mindestsicherungsbezug leben durchschnittlich auf 110 Quadratmetern, jene mit Mindestsicherungsbezug dagegen auf 68 Quadratmetern. Ihre Wohnungen sind nicht nur kleiner, sondern auch von schlechterer Qualität, wie die Erhebung zeigt. 21 Prozent geben an, dass in ihren Wohnungen Feuchtigkeit, Fäulnis oder Undichtheit vorhanden ist.
Desolates Wohnen wirkt sich besonders hemmend auf Bildungschancen und die Gesundheit der Kinder aus: 20 % der Kinder müssen in feuchten Wohnungen leben, 56 % ihrer Wohnungen sind überbelegt, in 25 % gibt es Lärmbelästigung. Kinder und Jugendliche, die in Haushalten mit niedrigem Einkommen aufwachsen, haben Nachteile, die in mehreren Bereichen sichtbar werden. Die Gefahr des sozialen Ausschlusses zeigt sich in den geringeren Möglichkeiten, Freunde einzuladen, Feste zu feiern und an kostenpflichtigen Schulaktivitäten teilzunehmen. Kinder in der Mindestsicherung können 15-mal weniger an Sport- und Freizeitaktivitäten teilnehmen, zehnmal weniger Feste feiern, sechsmal weniger Einladungen an Freunde stellen, elfmal weniger an Schulaktivitäten teilnehmen.
Dabei haben mehr als die Hälfte der Familien mit Kindern (57 %) Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Das weist auf Working Poor und prekäre Arbeit hin. Working Poor ist das große verschwiegene Thema hinter der Debatte um die Mindestsicherung.
Diese Zahlen sagen einiges. Erstens widerlegen sie die Propaganda der letzten Jahre, die die reale Lebenssituation der Betroffenen mit Füßen getreten hat. Zweitens machen sie die schwierige Lage für die ärmsten zehn Prozent der Bevölkerung jetzt in der Corona-Krise deutlich. Und drittens leuchten sie die Richtung aus, in die notwendige Maßnahmen zur Verbesserung gehen müssen.