Mit Hoffnungtun & lassen

Augustinerin Adiza

Ich verkaufe den Augustin seit über sechs Jahren, vormittags bei der U4 Station Unter St. Veit, nachmittags bei der U3 Stubentor – von Montag bis Samstag. Am Sonntag mache ich frei, da gehe ich mit meiner Familie in die Kirche und verbringe Spielzeit mit meinen Kindern Elijah, Elisha und Daniel. Elijah und Elisha sind Zwillinge und sieben Jahre alt, Daniel ist vier. Sie spielen sehr viel, die ganze Zeit, sie sind sehr fröhliche, aktive Kinder und lernbegierig, die Zwillinge lieben es, zur Schule zur gehen. Mein Mann arbeitet als Abwäscher in einem Restaurant. Wir wohnen im 15. Wiener Bezirk.
Ich verkaufe gerne den Augustin, im Laufe der Jahre bekam ich viele Stammkund_innen, die sehr freundlich sind und mit denen ich immer wieder ein bisschen plaudern kann. Sie ermuntern mich und geben mir Hoffnung, wenn es mir nicht so gut geht, das tut mir gut.
Vergangenen Monat habe ich meine Ausbildung zur Heimhilfe in der Wienerwald Akademie abgeschlossen. Nun bin ich meinem Ziel näher gekommen, als Heimhelferin zu arbeiten. Dafür muss ich noch besser Deutsch lernen. Auch um meine Kinder zu verstehen, wenn sie unter sich Deutsch sprechen, wenn sie mir etwas verheimlichen wollen. Ich möchte eine Arbeit finden, die mir ein regelmäßiges Einkommen sichert, damit ich meinen Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen kann. Und dann kann ich den Augustin weiterhin am Wochenende verkaufen, denn aufhören möchte ich nicht.
In Nigeria war ich Schneiderin. Den Beruf habe ich dort erlernt und ausgeübt, im südnigerianischen Bundesstaat Edo, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Ich habe ­Damenkleidung gemacht, das mache ich noch immer in meiner Freizeit, aber jetzt nur mehr für meine Familie und meine Freundinnen, nicht zum Verkaufen.
Seit zwei Jahren, durch die Corona-Pandemie, ist es finanziell für mich sehr schwierig, denn ich verkaufe weniger Zeitungen als vorher, viele frühere Stammkund_innen habe ich gar nicht mehr gesehen. Ich denke, viele werden von zuhause aus arbeiten und sind deshalb weniger unterwegs. Ich verstehe auch, dass viele Menschen vielleicht durch die Pandemie ihre Arbeit verloren haben und deshalb weniger Geld haben. ­Viele Kund_innen, vor allem junge Menschen, ­haben oft kein Bargeld mit, aber gehen dann zum Bankomaten abheben und kommen wieder zu mir den Augustin kaufen. Das finde ich immer so nett.

Protokoll: Sónia Melo
Foto: Mario Lang