Mit Kasteln raus aus dem KastlArtistin

Musikarbeiter unterwegs … Außendienst Wels, field trip

Elektro Guzzi sind mit ihrem «Live Techno» eine Formation mit internationaler Resonanz. Das Album Trip ist ihre erste reine Trio-Arbeit seit langem.

TEXT: RAINER KRISPEL
FOTO: MARIO LANG

High ist er noch ein wenig, der Musikarbeiter, dabei spielten Drogen nur in Form von Alkohol und Kaffee eine Rolle. Echte leibhaftige Livemusik! Literatur! Menschen! Gespräche! Begegnungen! Das kompakte dérive eines geilen Abends! Der Kulturverein waschaecht feierte im (Haupt-)Ort seiner Tätigkeit, dem Alten Schl8hof Wels, in einem liebevollen Club-Open-air-Setting 40-jähriges Jubiläum. Gischt/Ursula Winterauer endlich einmal live erlebt, durch Terrie Ex, Susanna Gartmayer und Didi Kern erfahren, wie zugänglich mir improvisierte Musik ist, wenn Einlassung darauf möglich ist (sie war!). Und dann Elektro Guzzi. In Wien ein paar Tage davor besuchten die
Musikarbeiter Bernhard Hammer,
deren Gitarristen, und den Bassisten
Jakob Schneidewind, die als Duo um 2004 die ersten musikalischen Schritte unternahmen, die 2007/2008 mit dem Einstieg vom in Oberösterreich lebenden Schlagzeuger Bernhard Breuer zu den heutigen Elektro Guzzi führten. Die seit dem 2010 erschienenen, mit Patrick Pulsinger aufgenommenen Debüt-Album wertschätzende Wahrnehmung über die Grenzen As hinaus genießen. Elektro Guzzi spielten mit dessen Release einen leiwanden Slot am Sónar Festival in Barcelona, ein Aufmerksamkeits-Fokus in der vernetzten globalen «elektronischen» Kulturszene. Wochenenden, «wo wir einen Tag im Berghain in Berlin spielen, den nächsten Tag im fabric in London», rekapitulieren Elektro Guzzi Jahre später immer noch ein wenig erstaunt.

Drei Module.

Dem Trio liegt es fern, diese Erfahrungen allein dem zu diesem Zeitpunkt definitiv gegebenen innovativen, so aufregenden Potential ihres Ansatzes zuzuschreiben. Wertschätzend werden etwa die Booking-Agentur erwähnt oder die Promotion-Arbeit ihres damaligen Labels. Mittlerweile verlegen sie ihre Musik selbst, auf eigenem Label. Nach rein
digitalen EPs ist das 7-Track-Album Trip der erste (auch) physische Release. Eine Auflage von 300 Stück der als doppelter Vinyl-12“ erhältlichen wunderbaren Musik erzählt von der Überschaubarkeit der Musikwelt im Jahr 2021. Gleichzeitig vermögen Elektro Guzzi seit Jahren, mit ökonomischer Disziplin, von ihrer Musik zu leben. In Wien beim Fotomachen im Arbeitssetting der Band, in einem Umfeld mit Ateliers und Ausstellungsraum, sehen wir zum einen ihr Set-up, mit einiger Technik, aber ebenso von, ja, ästhetischer Klarheit/Funktionalität, sowie ein kleines Museum ihrer historischen Klang-Hilfen: Effektgeräte, die Bernhard und Jakob verwendeten haben, um den Elektro-Guzzi-Sound zu bekommen und weiterzuentwickeln. Im Gespräch mit dem kompletten Trio in Wels ist die Rede von der «Entpersonalisierung» des Musikmachens im Techno, dem Hineintreten der Ausführenden in die Musik, um Platz zu machen für kollektive Erlebnisse. Was allemal geiler ist als der Personenkult und aufgeblasene Künstler_innensubjekte, die gerade heute in der Musik in diesen reaktionären Zeiten gefeiert werden, als wäre nichts gewesen. Und davon, wie die aus Jazz, Rock, Impro und Dub kommenden Musiker selbst den Minimalismus, die Struktur des Techno im Bandsetting – Bernhard, Bernhard und Jakob als die drei interagierenden Module ihres Sounds – ohne übermächtige role models als große Befreiung erlebten, als etwas Leichtes. Oder davon, wie sie dadurch widersprüchlich erst wieder am Podest waren. Begeisterte nach dem Liveerlebnis, die sagen, «so was würde ich ja nie horchen». (And me, I was once one of those …)

Tracknamen sind weit schwieriger als Musikentscheidungen.

Trip als Album und Statement ist dabei das Wiederaufgreifen des Kerns von Elektro Guzzi. Dem Spielen der drei Musiker miteinander. Nach Kollaborationen etwa mit Posaunisten und Streichern, Kompositionsauftrag etc., viel Lernen und Erfahren, war es an der Zeit wieder ins Herz von Elektro Guzzi zu gehen. Nach einem «verworfenen» Album mit ausproduzierten Tracks wurde, davon ausgehend, als Trio im Studio gespielt und aufgenommen, die Substanz wieder ins Fließen gebracht. Das Ergebnis, vom fast 15-minütigen eröffnenden Rabazz – das Titelgeben, auch des Albums, ist etwas, das Elektro Guzzi, anders als das Musikmachen, gar nicht so genießen – bis zum abschließenden Exit ein Genuss. C’mon have/join that trip!

Elektro Guzzi: Trip
elektroguzzi.bandcamp.com/album/trip-2
www.elektroguzzi.net

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