Mit Sprachbegleitung durch Straßen ziehenvorstadt

Das Literaturmagazin perspektive widmet sich der «street : speech»

Wer spricht auf der Straße noch mit wem auf Augenhöhe? So in etwa lässt sich die aktuelle Ausgabe der perspektive auf ihre Quintessenz runterbrechen. Diese «Hefte für zeitgenössische Literatur» werden als Doppelnummer in Graz herausgegeben, in der vorliegenden Nr. 108/109 lautet das Thema «street : speech». Der Doppelpunkt, erläutert Ralf B. Korte im Editorial I,­ erspare das «dozierende ‹und›».
Doziert wird wahrlich nicht, im Gegenteil, es wird viel Raum für freie Improvisation geboten. Bei manchen Beiträgen wünschte man sich sogar etwas mehr Strenge bei der Auswahl, denn der Bezug zum ausgerufenen Thema erschließt sich nicht immer.
Einen formal eher konventionellen Text, nämlich einen Kurzessay, aber inhaltlich famosen, steuert Erhan Altan mit «Gänge durch die türkische Poesie» bei. Darin befasst er sich einerseits mit der Entwicklung der modernen türkischen Dichtung, die sich vom so genannten Azur-Maß befreite – ein Versmaß, das «einer allgemeinen Überlieferung nach dadurch entstanden sein soll, dass der Schrittrhythmus des Kamels im Sprechrhythmus des Reiters hörbar geworden ist», wie Erhan Altan schreibt. Parallel zu diesem literarhistorischen Strang über die türkische Poesie reflektiert der Autor und Übersetzer (z. B. österreichische Avantgarde-Poesie ins Türkische) über den Rhythmus der Körper eines Liebespaares auf einem gemeinsamen Spaziergang.
Beiträge mit visuell gestalteten Komponenten erfrischen die Lektüre. So unterlegt Nora Tunkel ihr Editorial II, ein Faksimile eines Schreibmaschinenskripts, mit Ausschnitten eines Stadtplans. Oder Augustin-Mitarbeiterin Natalie Deewan reichert ihren Text «Lucida Console & Strangers» mit nicht-buchstäblichen, grafischen Zeichen, die sie auf Wiener Wänden vorgefunden hat, an.
Und sogar ein Schmähgedicht ist in der perspektive zu finden, u. z. über die «kleine Stadt Graz», die der in Berlin lebende Clemens Schittko als Stipendiat kennenlernen durfte.

perspektive 108/109
10 Euro
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