Miteinander wohin wandernArtistin

Musikarbeiter unterwegs … mit 5K HD am End’ vom 17er-Jahr

Das Kind ist krank, aber nicht schlimm. Das gibt Zeit. Wegen «nicht schlimm», sogar Leichtigkeit. Reden beim Frühstück. Über Nerdtum, über den Fokus des Kindes auf Playstation-Spiele und Youtube-Kanäle. Als ich zu seinem gescheiten Gesagten eine Musikgeschichte von The Clash assoziiere, unterbricht die Frau, schaut ihn an und fragt: «Und was tut dein Vater?» Wenig später sitze ich am Rechner, Kopfhörer auf, ein Geschenk des anderen Kindes. In den Ohren «And To In A» von 5K HD. Links vom Rechner liegen eine Compilation, 22 Lieder, und der geschenkte Download-Code des neuen Albums von The Lilingtons, auf der anderen Seite CDs – Vienna Rest in Peace, Wilfrieds «Gut Lack», Paul Pluts «Lieder vom Tanzen und Sterben». Wie 5K HD substanzielle, begeisternde Musik aus dem Land mit dem A, 2017. Unweit liegt Burning Spears «Hail H.I.M.», wegen «Cry Blood Africa» seit 1980 immer wieder ein Album des Jahres. Musik in der neonbleiernen Zeit von Türkisblau. Mira Lu Kovacs singt: «This is not a love song, everything is under control.»

Former Sequential Circuit Bender.

Beim Interview, das wegen einer Tournee der Sängerin mit ihrer anderen Band Schmieds Puls schon Ende Oktober stattfand, erzählen sie und Lukas König die Geschichte von 5K HD nach. Die Beteiligten kannten sich vor deren Gründung von der «Begegnungsebene Jazzwerkstatt» und teils von gemeinsamen Schulbesuchen. Bei einem Stück seines Albums «Ballads For Melancholy» dachte das 2009 gegründete innovative Jazz-Quartett Kompost 3 (König, Martin Eberle, Benny Omerzell und Manu Mayr) ganz konkret an Kovacs und ihre Stimme. Aus «Sequential Circuit Bender» wurde so «Anthem», in einem Radio-Edit-Opener des vielschichtigen Debüt-Albums, gleichzeitig ein Unikat, was die Arbeitsweise anbelangt, entstanden doch die anderen neun Stücke in einem tatsächlichen gemeinsamen Prozess der fünf Musiker_innen. «Improvisieren, dann einzelne Bausteine für sich reflektieren und im Verband wieder weiter entwickeln», umreißen die Musiker_innen diesen Prozess. Lukas spricht von einer «breiten Palette» an kreativen Möglichkeiten. Bei «Gimme» wurden am Rechner einzelne, zuvor unzusammenhängende Passagen in den Kontext eines so entstehenden neuen Stückes gefügt. Die resultierende Musik ist alles andere als Stückwerk, sondern von einem logischen Fluss, einer Zugänglichkeit, die sie als avancierten «Pop» funktionieren lässt. Das 5K-HD-Konzert zur Albumveröffentlichung im WUK besuchten 700 Menschen, ihr Auftritt beim Wiener Popfest wurde in Wellen der Begeisterung in Medien und sozialen Netzwerken reflektiert, die anstehende Tournee im Jänner 2018 führt durch Österreich und Deutschland, mit Stationen in Zürich und London. Qualitäten, die Mira Lu Kovacs als Hörerin Kompost 3 attestiert, wie jene, «nachvollziehbare Musik» zu machen, die «cinematisch» wirkt, in der sie sich «finden kann», wohnen dem neuen gemeinsamen Sound definitiv inne, verstärkt noch durch Texte und Stimme. Dass Kovacs’ englische Lyrik dabei selten die sonnigeren Befindlichkeiten des Lebens verhandelt, tut der Wärme, dem mitunter fast tröstlich Verbindlichen von «And To In A» keinen Abbruch.

Happiness – kommt später.

Die Musikerin bezeichnet ihr Schreiben als Akt der Psy­chohygiene, etwas, dass sie fortwährend tut, sich dabei wie selbstverständlich des Englischen bedient. Wobei zuletzt die vielen musikalischen Aktivitäten dies etwas ins Hintertreffen gerieten ließen. «Das kommt wieder», weiß sie. Das Zusammenwirken von Musik und Text beschreiben Lukas und Mira Lu als weitgehend intuitiv. Lukas: «Wenn du das sagst, können wir nicht das tun.» Darüber, wie etwa die Worte «I will always fight you» in «Mute» klingen, die Beschaffenheit der musikalischen Landschaft, in der sie ihren Platz finden, lässt sich Erstaunen und Begeisterung zugleich empfinden. Oder darüber, wie die ewige Frage der Poet_innen nach «sense» und «words» und «order» im Titelstück des Albums Musik wird. Lukas: «Wir gehen vom ganz Kleinen ins ganz Große, sind eine Band, die miteinander wohin wandert. Wir bleiben nicht immer im selben Loop, es lebt, im Hip-Hop oder in der beatorientierten Musik ist das ein Movement, unrunde Sachen einzusetzen, wir machen das mit Elektronik und Pop als Elementen.» Schon arbeiten 5K HD an neuer Musik, weil nicht nur die kreative, sondern auch die Koordinationsarbeit gut funktioniert, die den Beteiligten mehrere kreative Projekte ermöglicht, die sich befruchten und ergänzen. Beim Unterwegssein, konkret beim Autofahren, fand Lukas König passenderweise den Bandnamen, inspiriert von den vielen marktschreierischen Produktnamen der Werbung am Straßenrand, die den «neuesten modernen Vollschas» anpreisen. 5K HD ein Objektname, eine vermeintlich abweisende Oberfläche, unter der sich eine echte, lebendige, glückseligmachende Überraschung verbirgt.

5K HD: «And To In A»

(Seayou Records)

www.5khd-music.com

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